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Albert Schilling zum Gedenken
Hans Urs von Balthasar
Titolo originale
Albert Schilling zum Gedenken
Ottieni
Temi
Dati
Lingua:
Tedesco
Lingua originale:
TedescoCasa editrice:
Saint John PublicationsAnno:
2022Tipo:
Articolo
Wir trauern um Albert Schilling, einen unserer bedeutendsten Schweizer Künstler, weit über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannt und geschätzt. Als Bildhauer bleibt er in unserer Zeit einzigartig. Er hat das auch in aller Demut selber gewusst. Geboren wurde Albert Schilling 1904 in Zürich. Er besuchte die Gymnasien in Disentis und Engelberg. Entscheidend wurde für seinen Werdegang als Plastiker seine Lehrzeit in Berlin bei seinem von ihm oft gerühmten Lehrer Wilhelm Gerstel.
Schilling war seit seinen ersten Werken der geborene Plastiker. Stein und Erze waren sein Material, aus ihnen holte er die geschaute und gewollte Form heraus. Auf die Gesetze und Proportionen der Flächen, die Stimmigkeit und Ausgewogenheit der Gewichte und Kanten kam es ihm an. Sehr deutlich wird sein Arbeitsgesetz an seinen Büsten, zum Teil seiner bedeutenden Zeitgenossen wie Reinhold Schneider, Bergengruen oder Freunden wie Robert Hess, Pfarrer Blum und so fort. Auf die Struktur des Kopfes kam es ihm an. Die Ähnlichkeit, sagte er, brauche ich nicht zu suchen, die kommt schon von selber heraus. Genau lässt sich dies ablesen an dem fischenden Mann im Solitude-Park.
Um es nebenbei zu sagen, viele öffentliche Werke von ihm sind in der Stadt nicht zu sehen. Dafür waren die Widerstände gewichtiger Basler Bildhauer gegen den Katholiken, der sich 1946 definitiv in Arlesheim niedergelassen hatte, zu stark. Seiner Vaterstadt Zürich schenkte er eines seiner markantesten Werke: In einem rechteckigen Stein stehend, mahnt an der belebten Leonhardsstrasse der Finger Johannes des Täufers zum Lamm Gottes in der Liebfrauenkirche empor.
Schilling hatte mit vielen großen und kleinen realistischen Figuren begonnen. Aber von Anfang an beherrschte das eigentliche Gesetz plastischer Form, die im Raum steht und von allen Seiten gleiche Wirkung haben soll, sein Schaffen. Zwei Meisterwerke: Der locker-gelassen Lesende im Hof der Kantonsbibliothek Luzern und die kauernde weibliche Gestalt im Garten des Schlösschens von Sissach. Aber immer mehr nehmen die religiösen Motive überhand. Hier lassen sich drei Arbeitsfelder unterscheiden. Zuerst Schillings vielleicht im Volk bekannteste Werke, eine Großzahl von Kruzifixen, in denen es wohl immer um die Hoheit des Gekreuzigten geht. Göttliches Licht strahlt durch das Leiden hindurch. Auch diese Kruzifixe werden, wie noch zu zeigen sein wird, immer einfacher und wesentlicher. Dazu kommt das Riesenwerk seiner Altäre. In Basel vor allem Allerheiligen und St. Marien. Der letztvollendete Altar steht in Othmarsheim. Altäre von oft gewaltigen, jedenfalls vorkonziliaren Maßen. Manche seiner schönen Schöpfungen wurde durch die nachkonziliare Reform verdorben, zum Beispiel die Lindenberg-Kapelle. Es kamen große Aufträge aus dem Ausland, in Südfrankreich ist eine Kirche ausgestattet worden. Der schwierigste und deshalb vielkritisierte Auftrag war der Würzburger Dom, wo die schier unlösbare Aufgabe gegeben war, einen zerstörten gewaltigen romanischen Raum, worin Reste Barock erhalten werden sollten, durch gediegene, moderne Elemente zu einer Harmonie zu bringen. Schilling hat mit größter Überlegenheit und langen Überlegungen eine glaubwürdige Lösung gefunden und durchgesetzt. Nennen wir noch als anderes Beispiel Arlesheim. Die Gestaltung der Krypta, eine neue Treppe zum Dom und ein passender Brunnen auf dem Domplatz.
Als zweites religiöses Thema lässt ihn Maria nicht los. An diesem Thema wird Schillings Entwicklung am deutlichsten. Da ist die wunderbare schwarze Madonna mit dem weißen Kind und dem Symbol von Vater und Geist, genannt «Marie de la Trinité», in Allerheiligen. Das eigentliche Gnaden- und Wallfahrtsbild von Basel. Aber nun die immer weitergetriebene Abstraktion. Nur noch das aufnehmende Ja-Wort, der Hohlraum für die erfüllende Gnade. Nichteingeweihte werden kaum noch sehen, dass Schillings späte, immer abstrakter werdende Formen fast immer die religiösen Kerngedanken verkörpern. Dies bis hin zu den großen Steinen, deren Plastik oft negativ ist, aus subtilen Hohlräumen besteht, durch die man hindurchblickt. Beispiel: Der große Block in Aesch. Möglicherweise hat Henry Moore einen gewissen Einfluss geübt. Von Maria aus greift die religiöse Symbolik nach vielen Richtungen hin. Schillings Vorliebe für Gestaltung von quellenden Brunnen, der letzte in Dornach, wären ein Beispiel dafür.
Die dritte religiöse Thematik führt uns auf den Friedhof. Schillings Fantasie im Gestalten von Tod und Auferstehungssymbolik ist schier unbegrenzt. Selten schlug er eine Bitte um eine Grabstätte aus. Leben aus dem Tod war für ihn ein Lieblingsthema. Er schenkte mir ein Modell zu einer Himmelfahrt Marias. Sie erhebt sich mit verschlungenen Händen aus liegender Stellung, um ins ewige Leben zu entschweben. Albert Schilling ist ihr kurz vor dem Auffahrtsfest gefolgt.
Sein hochbedeutendes Werk sollte nicht vergessen werden. Vor einigen Jahren erschien im Zürcher NZN-Verlag eine schöne Monographie mit vielen Bildern und Texten von ihm und andern, die leider vergriffen ist und die das Spätwerk nicht enthält. Es wäre eine Ehrensache für die christliche Schweiz, die ihm soviel verdankt, ihm eine ausführliche Würdigung zu widmen.
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