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Das eucharistische Opfer
Das Mysterium der Eucharistie, dem dieses Heft gewidmet ist, wird vom letzten Konzil mehrfach als «Quelle und Höhepunkt des ganzen kirchlichen Lebens» bezeichnet, als «Quelle und Höhepunkt der Evangelisation», als das Sakrament, das «durch seinen Vollzug die Kirche vollendet», so daß «die Kirche aus ihm immerzu wächst und lebt». Schon diese paar Zitate zeigen: hier wird etwas so Zentrales angegangen, daß es sich in einem Zeitschriftenheft keinesfalls bewältigen läßt. Nur fragmentarische Aspekte können geboten werden. Halten wir in dieser kurzen Einleitung ein paar Wesenspunkte fest, an denen weder gerüttelt werden darf noch soll, woraus sich eine Reihe von Fragen anschließen kann.
Als gesichert aus der kirchlichen Tradition halten wir fest:
1. Es gibt eine weltumfassende Hingabe des Sohnes Gottes im Auftrag des trinitarischen Gottes, die im engern Sinn mit der Menschwerdung beginnt und mit der Passion ihren Höhepunkt erreicht, da Jesus Christus hier im Gehorsam mit der Sünde der Welt vor Gott den Vater tritt, um dadurch «Himmel und Erde zu versöhnen». In diesen die Welt als ganze meinenden Akt wird die Kirche vom Abendmahl her in besonderer Weise miteinbezogen, und der Hingabeakt Jesu selbst wird ihr anvertraut.
2. Daher bleibt die Eucharistiefeier der Kirche wesentlich auf die Kreuzeshingabe des Sohnes bezogen (Paulus: «Sooft ihr dieses Brot eßt und den Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn»). Diese Bezogenheit besagt keinesfalls einen Neuvollzug des Kreuzesgeschehens oder etwas Zweites neben der einen Hingabe Christi (die Jünger sind ja schon beim Abendmahl vorweg in sein Kreuz grundsätzlich mit einbezogen worden). Man kann aber von einer «Vergegenwärtigung» (das ist der Vollsinn von «memoria», «anamnesis») sprechen.
3. Ohne Zweifel bleibt diese Vergegenwärtigung ein undurchdringliches Geheimnis, das, wie das tridentinische Konzil sagt, «auf durchaus angemessene Weise» durch das Wort «Wesensverwandlung» (transsubstantiatio) der Gestalten von Brot und Wein in die lebendige Wirklichkeit Christi als Gott-Mensch (dies meint «Fleisch und Blut») ausgedrückt werden kann. Es darf offengelassen werden, ob ein das Geheimnis näher umkreisender Ausdruck dafür gefunden werden kann.
Das übrige, was die Feier betrifft, braucht hier nicht eigens erwähnt zu werden: Annäherung der Gemeinde an den Herrn durch Schuldbekenntnis, durch Hören des Wortes, durch Selbstangebot (mitsamt den Gaben von Brot und Wein), durch Einbezogenwerden in Christi Hingabe und volle Einigung mit ihm in der Kommunion. Wenn diese Dinge feststehen, darf hier gleich eingangs auf ein paar wichtige Fragen, die nach dem Gesagten noch offen bleiben, verwiesen werden.
1. Wir haben bisher den Begriff «Opfer» vermieden und dafür «Hingabe» gebraucht. Dies deswegen, weil der Opferbegriff ein innerlich analoger ist. Sicher kann man nicht etwa vom Opferbegriff aller religiösen Völker ausgehen, die ihren Göttern Opfer darzubringen pflegen, selbst wenn ein Mensch (Iphigenie und andere) für das Volk geopfert wird oder sich (wie römische Helden oder überhaupt Soldaten) für das Vaterland «opfert» – und Christi Hingabe darunter subsumieren. Wir können nicht einmal von den alttestamentlichen Speise- und Tieropfern ausgehen, um dem Kreuz zu nahen, das verbietet uns der Hebräerbrief ausdrücklich. Wir können ferner Jesu Selbsthingabe nicht mit dem Verzicht eines Menschen aus sittlichen (oder andern) Gründen auf eine Bequemlichkeit oder ein Gut vergleichen, auch wenn es um eines andern willen geschieht. Jesu «Opfer» ist völlig einmalig und nichts kann ihm gleichgestellt werden. Auch nicht etwa das «Opfer» Marias unter dem Kreuz, das der heiligen Frauen, der Apostel und sonstiger Heiliger, auch nicht das Opfer eines Paulus, der sagen kann: «Ich leiste für den (mystischen) Leib Christi, die Kirche, an meinem Fleische, was an den Leiden Christi noch fehlt» (Kol 1,24), denn sofern sie Leiden Christi sind, fehlt ihnen nichts, sie sind vollständig und überreich; es ist nur eine Gnade Christi, wenn er bei sich einen Platz für seinen mystischen Leib, die Kirche, offenläßt, damit die Seinen Anteil an seinem Leiden erhalten, da Christus und Kirche als «Haupt» und «Leib» ein Christus sind (dieser «Leib» verdankt sich selbst und alles seinem «Haupt»). Es ist nicht verboten, von eucharistischem Opfer zu sprechen, aber man muß die Analogie des Wortes im Auge behalten.
2. Eine andere Frage ist, welche innere Gestalt das eucharistische «Opfer» als solches hat. «Tut dies zu meinem Andenken» ist ein Wort Jesu an seine Jünger und nicht unmittelbar an die Menge der Gläubigen, die an der Eucharistie teilnehmen werden. Wenn der Priester eine eigene Weihe zu diesem «Tun» erhält, ist ihm dann auch ein eigener Anteil am «Opfer» zugesprochen …? Warum heißt es: «Betet, Brüder und Schwestern, daß mein und euer Opfer …»? Wozu diese Unterscheidung? Sicher ist damit die besondere Lebenshingabe des Priesters im Dienste Christi gemeint. Aber auch andere suchen das zu leisten. Liegt hier noch ein weiteres Moment? Die Frage ist offen.
3. Alle Feiernden, Gläubige und Zelebrant, bitten darum, in das Opfer Jesu Christi einbezogen zu werden: sie bieten sich an, geben sich hin, aber Gott selbst muß diese Hineinnahme vollziehen. Die Gläubigen meinen ihr Leben, und zwar auch das Leben außerhalb der Feier selbst. Man wird daher sagen müssen, daß die Eucharistie eine Dimension hat, die über die eigentliche Feier hinausreicht. Und dies erst recht, wenn wir einerseits bedenken, daß Jesus nicht «für die Kirche», sondern für die Welt gestorben ist, daß deshalb die feiernde Kirche nicht nur und nicht einmal hauptsächlich für sich selber betet, sondern für «alle unsere Brüder und Schwestern, die noch fern sind von Dir» und für alle Toten, «deren Glaube niemand kennt als Du». Dennoch ist der von Christus gewollte Akt, sowenig wie das Kreuz, nichts über die Welt hin Diffuses, sondern ein ganz bestimmter sakramentaler Akt, der so sehr in der Mitte der Kirche steht, daß diese nur solche Leute dabei zulassen kann, die voll und ganz zu ihrem Christusglauben stehen.
Dies ein paar wesentliche Fragen, die sich stellen und die umfassend zu lösen die hier folgenden Beiträge nicht den Ehrgeiz haben.

Hans Urs von Balthasar
Titolo originale
Das eucharistische Opfer
Ottieni
Dati
Lingua:
Tedesco
Lingua originale:
TedescoCasa editrice:
Saint John PublicationsAnno:
2025Tipo:
Articolo