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Die Aktualität der Erlösung
Über die Bedeutung der Beichte als zentrales Sakrament
ハンス・ウルス・ フォン・バルタザール
原語タイトル
Così Cristo volle per amore la confessione individuale
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書籍説明
言語:
ドイツ語
原語:
イタリア語出版社:
Saint John Publications年:
2024種類:
論文
Um eine (unmöglich gewordene) Rückkehr zur durchschnittlichen vorkonziliaren Beichtpraxis zu verhindern, aber auch die Abwanderung der Beichtenden in die Sprechstunde des Psychiaters zu stoppen, hilft nur eine radikale Besinnung auf das Neue Testament. Nur von ihm aus eröffnet sich dem christlich Glaubenden dreierlei: erstens die überwältigende Liebe Gottes des Vaters zu den Sündern, der zu ihrer Rückgewinnung seinen einzigen göttlichen Sohn «dahingibt», ihn «zur Sünde macht» (2 Kor 5,20), zweitens die restlose Entwaffnung des Sünders durch diese Liebe, der als der verlorene Sohn in die Arme seines Vaters hinein kapituliert («ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen» Lk 15,19), drittens das Ostergeschenk des aus Kreuz, Tod und Hölle zurückkehrenden Sohnes an seine Kirche: er selbst übergeht sein Verzeihen für die Feigheit der geflohenen Apostel, um ihnen die Vollmacht zu geben, aus dem Schatz der göttlichen Vergebung selber den Sündern zu verzeihen: amtlich und sakramental.
Zum ersten: Sünde (im Gegensatz zu bloßer Schuld) kennt nur die Bibel: Treulosigkeit dem liebenden Gott des Bundes, dem als menschliche Antwort Liebe «aus ganzem Herzen, ganzer Seele, allen Kräften» geschuldet wäre. Dies erkennt bedeutsamerweise schon der Alte Bund, wobei doch erst im Neuen der ganze Abgrund der von Gott uns erzeigten Liebe offenbar wird. Wer aber hat schon das Hauptgebot gehalten, das die einzig adäquate Antwort an Christus ist, «der mich geliebt und sich für mich dahingegeben hat» (Gal 2,20)? Alle anderen Weisungen (die «zehn Gebote») sind, zumal im Neuen Bund, nur Kennzeichen und Symptome, ob wir Gott wirklich lieben, der in Jesus Christus unser menschlicher Bruder wurde und deshalb in jedem Menschenbruder, für den er gestorben ist, uns begegnet. Lieben wir diesen hingegebenen Gott so, daß wir seinen Namen ehren, daß wir sonntags seine eucharistische Hingabe aus Liebe mitfeiern, daß wir durch die zwischenmenschlichen Beziehungen hindurch – Eltern-, Nächstenliebe, Heiligung des für die Liebe geschaffenen Geschlechtlichen – dem menschgewordenen Gott begegnen («was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt…» Mt 25,40)? Sind wir imstande, diesen Maßstab nicht grob an unsere äußere Taten, sondern im Sinn Jesu an unsere innere Gesinnung anzuwenden: «Wer eine Frau lüstern ansieht, hat im Herzen schon Ehebruch begangen» (Mt 5,28); «Wer seinen Bruder haßt, ist ein Mörder» (1 Joh 3,15); «Flieht die Unzucht; oder wißt ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist und daß ihr euch selber nicht angehört, denn ihr seid teuer erkauft worden!» (1 Kor 6,18f.)? Alle Sünden sind solche gegen die unendliche und zugleich wehrlose Liebe, durch die jeder einzelne von uns «verlorenen Söhnen» zum Vater zurückgeführt worden ist. Die Heiligen wußten, was sie sagten, wenn sie die Schwere ihres Mangels an Liebe erkannten, sich wie Francesco zu jeder Sünde fähig wußten, falls sie die Gnade Gottes nicht davor bewahrte. Wir haben in unserer Gewissenserforschung auf eine Beichte hin ganz tief umzulernen. Und keine rein weltliche Ethik, sondern nur die Begegnung mit Jesus Christus kann uns dabei helfen. Das Evangelium und seine Auslegung durch die Apostel (vgl. nur Röm 12, 1 Kor 13, Hebr 12, 1 Joh) ist der wahre «Beichtspiegel», in den der Sünder, der seine Sünde im Licht des Heiligen Geistes erkennen will, zu blicken hat.
Zum zweiten: Kapitulation in die Arme Gottes hinein. Das ist es, was Jesus mit dem Wort «Umkehr» meint, und was der umkehrende verlorene Sohn uns vorzeigt. Der Vater wartet, hält Ausschau, aber der Sohn muß sich aufmachen, und er tut es, weil er den Vater wartend fühlt. Diese Umkehr heißt Reue, Vorsatz, Bekenntnis und neues Leben in einem. «Buße» ist das, gewiß, aber Buße als einziger Weg in die erneute Lebensregelung hinein, und deshalb Aufbruch in tiefer Freude – Buße und Freude schließen sich keineswegs aus –, und dies noch bevor der Sünder damit rechnen kann, vom Vater anders denn als «einer deiner Taglöhner» (Lk 15,19) empfangen zu werden. Man holt sich die Absolution nicht so, wie man ein Geldstück in einen Automaten wirft. Sie ist jedesmal ein vollkommenes Wunder. Und dieses Wunder fordert von selbst das neue Leben. Mit dem Wort: «Geh hin und sündige nicht mehr» entläßt Jesus die von ihm Losgesprochenen, deren Schuld und wirkliche Buße er am Kreuz auf sich nimmt. Aber das neue Leben muß nüchtern geplant werden, vielleicht mit Hilfe und Rat des Beichtvaters. Hier und in der Übernahme der Schwierigkeiten der Umstellung liegt die wahre «Genugtuung», nicht in ein paar aufgetragenen Ave Marias. Aber auch hier begegnen sich noch einmal Freude und Kreuz. Sein Leben aus dem Hauptgebot und seinen Folgen neu gestalten – vielleicht in einer neuen Begegnung schwieriger oder ungeliebter Menschen im Alltag – ist harte Buße und dennoch freudige Erleichterung, daß ein scheinbar bisher unerträgliches Dasein plötzlich durch die Absolution alles Verkehrten erträglich, in der Nachfolge Christi ertragbar geworden ist.
Vielleicht wird uns eine Kapitulation am besten begreiflich von jenen Extrem- oder Grenzsituationen her, in denen uns die Beichte unerläßlich scheint. Zuerst die Situation des Sterbenden, der die ganze Unordnung seines Lebens vor Augen hat und unfähig ist, selber Ordnung zu schaffen. Sind wir denn nicht alle in der Lage des Verbrechers, der morgen erhängt werden wird? Vor der Kapitulation des physischen Lebens muß diejenige des Gewissens vor Gott erfolgen. Oder die Situation im Krieg, vor der Schlacht, vor dem Fliegerangriff. Aber dann auch diejenige angesichts einer nicht länger ertragbaren Lebenslage, in einer Ehe, in einem Verhältnis, in irgendeiner Sackgasse, in die man sich verrannt hat. Und sind das wirklich nur Ausnahmefälle? Je exakter unser Gewissen reagiert, umso näher fühlen wir uns diesen Fällen. Ist meine Lauheit nicht schon fast eine Krankheit zum Tode? Meine Gewöhnung an eine bestimmte Sünde nicht schon fast die Unmöglichkeit, ihr zu entrinnen? Müßten wir nicht alle in den Speisesaal des Pharisäers einbrechen und die Füße Jesu mit unsern Tränen benetzen und mit unsern Haaren trocknen – falls wir nicht Jesu Wort an Simon auf uns beziehen wollen: Dem, der wenig geliebt hat, kann auch wenig vergeben werden?
Endlich das dritte: das Geschenk der Absolution an das kirchliche Amt. Eine der unbegreiflichsten Liebestaten Jesu. Vor seinem Tod zeigte er wohl auf das Erbarmen des Vaters, aber wieviel prophetische Drohworte alttestamentlichen Stils über Heulen und Zähneknirschen mußte er hinzusetzen: «Du, Kafarnaum, wurdest du nicht bis zum Himmel erhoben? Bis zur Hölle wirst du hinunterfahren!» (Mt 11,23). Jetzt, am Osterabend, erhält die Kirche Vollmacht, jede, auch die ärgste Sünde zu vergeben. «Das wird im Himmel gelöst sein.» Der Auferstandene bindet des Vaters Verzeihen an das Verzeihen der Kirche. Nicht als fände vollkommenes Bereuen nicht immer schon das vergebende Herz des Vaters; und nicht als könnten und müßten Christen nicht einander ihre Schuld vergeben. Aber von den geschilderten Extremsituationen her erweist sich die sakramentale Lossprechung als ein unverzichtbares Geschenk. Bußandachten einer Gemeinde sind sinnvoll und nützlich – und keineswegs abzuschaffen –, wenn sie immer auch eine evangeliumstreue Einführung in die echte persönliche Beichte sind. Man übersehe nicht: im Alten Bund ist Gottes Partner das Volk, nicht der Einzelne: das Volk fällt ab, schreit zu Gott und erhält Verzeihung, hier ist der genuine Platz der kollektiven Bußandacht (2 Chr 8; Neh 9; Dan 9 usf.); aber im Neuen Bund begegnet der Menschensohn immer Einzelnen, die sich bekehren, ihre Sünden bekennen, losgesprochen und in ein neues Leben entlassen werden; nirgends ist hier Raum für eine Generalabsolution. Wo Gottes Sohn ein einzelner Mensch wird, da wird die Würde und Bedeutung des Einzelnen, seiner Taten und Entschlüsse, unendlich aufgewertet. Daher muß es jetzt den Beichtvater und das Beichtkind geben und im Ereignis zwischen ihnen die Nachfolge Christi durch den Bußgang des Kreuzes hin zur Auferstehung aus dem Tod.
Das Sakrament der Beichte kann nur aus der Mitte des Evangeliums heraus erneuert werden. Viel Ballast, der durch Jahrhunderte mitgeschleppt wurde und vielen Christen das Beichten verleidet hat, wird dabei wegfallen. Aber nicht nur die Gläubigen, auch die Priester müssen sich neu auf das Sakrament einstellen und sich dafür bereithalten. Auch sie bedürfen einer gründlichen Umerziehung, eines neuen Ernstnehmens von Sünde, Bekenntnis und Absolution, von Hilfe ins neue Leben hinein aus dem reinen Geist Christi. Und sie haben die Aufgabe, in Predigt und Katechese dem christlichen Volk ein ganz neues Bewußtsein für die Aktualität der Erlösung in diesem zentralen Sakrament beizubringen.
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