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Wandlungen im Ordensgedanken
Hans Urs von Balthasar
Original title
Wandlungen im Ordensgedanken
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Language:
German
Original language:
GermanPublisher:
Saint John PublicationsYear:
2024Type:
Article
Wenige Dinge im Wesensgefüge der Kirche sind ihrer Herzmitte näher, ihr nötiger und deshalb der dürren Begriffsbestimmung entgleitender als die christliche Existenz im «Ordensstand». Schon dieses Wort engt eine Sache ein, die an sich weitergreift, und so mit jedem andern Wort: Stand der Räte, Stand der Vollkommenheit, Leben der Gelübde. Auf der kanonistischen Ebene läßt sich alles leicht definieren, aber der Geist weht, wo er will; jene Form der Nachfolge Christi, die auf jeden Fall mit der Existenz im Ordensstand gemeint ist, ist ja durch ein formalistisches Leben in einer Ordensregel noch keineswegs garantiert. Der Ordensstand hat seine sichtbare Seite, wie alles, was in der katholischen Kirche Teil ihrer Struktur sein will; aber mehr noch als die Sakramente, mehr als die amtliche Hierarchie hat er seine unsichtbare Seite, weil diese Lebensform engstens mit der der Kirche geschenkten persönlichen Heiligkeit zusammenhängt, die verhüllt bleibt und von Gott eigens verhüllt wird vor den Augen der Welt und fast immer auch der Mitchristen. Die sichtbare Seite ist jener Verzicht, den man für gewöhnlich «die drei Gelübde» nennt, obwohl er in Wahrheit ein einziges Gelöbnis ist (weil christliche Hingabe nur ganz und unteilbar sein kann; bloß der äußere Gegenstand kann in drei Gebiete gegliedert werden: Gebrauch der äußeren Dinge, der leiblichen und der geistigen Macht), ein Gelöbnis, das allein in der Kreuzesnachfolge Christi begründet und verständlich zu machen ist, das von ihm gefordert oder erlaubt wird, das die erbsündigen dämonisierten Strukturen durch ein Opfer aus der Gnade Christi entsündigt und aussühnt, sozial für alle andern, die es nicht tun, und aus dieser paradiesisch-eschatologischen Lebensmöglichkeit von der Mitte des Kreuzes her zu einer «Idee» und «Repräsentation» in der Mitte der Kirche wird. Solche Lebensform ist weltlich gesehen viel zu phantastisch, als daß sie nicht, genauso wie das Amt, auf eine ausdrückliche Stiftung Jesu Christi zurückginge (Mt 19 und Parall., aber mit dem ganzen Lebenszusammenhang der Jüngergemeinschaft um Christus und zuletzt der Stiftung unter dem Kreuz: Maria-Johannes); sie ist deshalb unter keinen Umständen als eine bloß «kirchengeschichtliche» Größe, die irgendeinmal entstand und wieder überholt werden kann, zu betrachten. Der Einwand, daß die vollständige Ordensidee «erst» mit Antonius dem Großen (geb. 251) entstanden sei, während vordem nur partielle Verwirklichungen (Jungfrauen, Therapeuten, Aszeten) existiert hätten, ist ebenso kraftlos wie die Ansicht, daß die Sakramente vor der Entdeckung ihrer Siebenzahl (im 12. Jahrhundert) in der Kirche nicht vorhanden gewesen wären; die Idee ist in der Urkirche teils im kirchlichen Ganzen inkarniert (die Mönche wollen nur das weiterführen und wiederherstellen, was als Ideal in der Urgemeinde lebendig war), teils in dem besonderen, durch das Eine Gelöbnis begründeten Stande. Heute, da die Kirche im tiefsten Umbruch ihrer bisherigen Geschichte steht und an allem in ihr gerüttelt wird, was nicht hieb- und stichfest ist, das heißt nicht ihre ewige, unveräußerliche Struktur ausmacht, kann das nicht eindringlich genug verkündet werden. Es muß auch einem so wichtigen, mutigen und aufregenden Buch wie der «Antwort der Mönche» von Walter Dirks entgegengehalten werden, der, wohl zum erstenmal in diesem Umfang, unerschrocken nach dem weltgeschichtlichen und zeitgeschichtlichen Sinn der kirchlichen Orden fragt, aber, unter dem Eindruck der heutigen Strukturwandlungen in der Kirche, die letzte theologische Begründung des Gelöbnisses nicht erreicht. Nun kann man gewiß, wie es Dirks tut, die Zeit von der konstantinischen Schenkung bis zum Ende der Gegenreformation (also von den ersten Mönchsorden bis zum 19. oder 20. Jahrhundert) als eine relativ geschlossene Epoche zu überblicken versuchen, deren Ausgestaltungen – von Benedikt über Franz und Dominikus bis Ignatius – ein unverkennbares air de famille besitzen; aber man ist damit nicht berechtigt, diese in der konstantinischen Klammer befindlichen Strukturen nur mit «kirchengeschichtlichen» Kategorien zu messen (die als solche je eine Antwort des Heiligen Geistes innerhalb der Kirche auf Ideen, Gefahren, Nöte der Zeit und der Weltgeschichte sein können), anstatt sie mit «kirchlichen» Kategorien schlechthin zu werten, nämlich als (wandelbare) Ausprägungen einer im innersten Wesensgefüge liegenden Notwendigkeit christlicher Existenz selbst.
Es ist nun kein Zweifel, daß die großen Orden jeder seine Weltstunde hatte; das heißt, daß sie eine nicht von Menschen erdachte, sondern von Gott geschenkte, mehr in der Existenz als in der Lehre verwurzelte Antwort nicht nur auf eine partielle Not und Bedürftigkeit in der Kirche oder im menschlichen Dasein überhaupt, sondern auf eine totale Not und Notwendigkeit einer weltgeschichtlichen Situation aussagen, was ihnen ihre ungeheure christliche Dringlichkeit gab (sie sind darin, innerhalb der Kirchengeschichte, die Fortsetzung jenes Redens Gottes mit der Welt, die im Alten Bund die fortschreitende prophetische Offenbarung war: soweit hat Joachim von Fiore recht; er täuschte sich nur darin, daß er die trinitarische Einheit der Offenbarung verkannte, in der der Geist die vollendete, unüberholbare Epiphanie des Sohnes auslegt), was den Orden aber auch, mit diesem Kairós, eine gewisse Zeitbedingtheit und Überholbarkeit aufprägt. Ihre kirchengeschichtliche Funktion kann bleiben, weil die Kirche als aus ewigen Kräften sich immer verjüngende den Gesetzen geschichtlichen Vergehens nicht einfachhin unterliegt; ihre weltgeschichtliche Funktion aber bleibt an einen Kairós gebunden, der weder bloß profangeschichtlich noch bloß kirchengeschichtlich, sondern gesamtheilsgeschichtlich bedingt ist. So hat Benedikt seine Stabilitas gegen den Flugsand der Völkerwanderung, seine Pax gegen den nie wahrhaft getauften mittelalterlichen «Schwerterglauben», gegen das «Römisch-Imperiale» und das Alttestamentliche im abendländischen Feudalstaat gesetzt; so hat Franz seine Armut gegen das aufstrebende Bürgertum des Geldes, des Vermögens, schließlich des Kapitals gesetzt; Dominikus und sein Jünger Thomas die Mündigkeit des Denkens (in der Rezeption des Aristoteles, der Araber usf.) als Durchbruch aus einem innerkirchlichen Denktraditionalismus, aber als gebändigte Ordnung gegen die freigeistige Mündigkeit der heraufkommenden Neuzeit gesetzt, Ignatius die Freiheit der christlichen Persönlichkeit, gebunden (allein) an die hierarchische Spitze der Kirche in einer Zeit, da der feudal konzipierte Hierarchismus der Kirche langsam zerbrach, gegen die ungebundene freie Persönlichkeit des modernen Menschen gesetzt; alle vier als Träger einer Antwort, deren Frage in ihrem Jahrhundert kaum noch hörbar ist, weil sie sich erst in den folgenden Jahrhunderten voll entfaltet. Der Heilige Geist schenkt seine Antwort nicht zu spät, nicht nachhinkend; sie ist für den, der auf den Geist hören will, immer zur rechten Zeit schon da. Aber anderseits gilt noch immer («welthistorisch», nicht «kirchengeschichtlich»): «Jetzt ist die Stunde des Heils!» Und nicht morgen und gestern so gut wie jetzt. Es gibt (auch darin hat Dirks recht gesehen) so etwas wie ein Zurücktreten der im gestrigen Jetzt führenden Funktion einer Ordensidee in eine dienende und für das neue Jetzt helfende Funktion (und insofern behalten die großen Orden der Vergangenheit, wenn sie den Sinn der heutigen Stunde recht zu deuten verstehen, ihre Bedeutung auch noch in der Gegenwart). Wie ein jeder von ihnen immer neuer innerkirchlicher Reform und Neuausrichtung im ursprünglichen Geist des Gründers bedarf, um weiterzubestehen, so bedarf er auch einer je neuen Ausrichtung jenes weltgeschichtlichen Kairós, in den hinein er einst gegründet worden war, am vorrückenden Kairós der Weltstunde. «Vom Feigenbaum lernt das Gleichnis!…»
Nun gehen die Wandlungen bereits innerhalb der konstantinischen Klammer deutlich in einer Uhrzeigerrichtung voran, über die schon viel geredet worden ist, gerade weil man sie zuletzt auf keinen Nenner bringen kann: von der anachoretisch-monastischen Form (mit betonter «Weltflucht» als Gegengewicht zur betonten Verpolitisierung der konstantinischen Kirche) zu einer immer mehr der kirchlichen und weltlichen Mitwelt geöffneten Form, und, was noch zentraler ist, von einer betont individualen Frömmigkeit (Mönchtum als «privater» Heilsweg) zu einer immer mehr sozialen, das heißt stellvertretenden, gesamtverantwortlichen Auffassung des Ordensstandes. Das Dialektische dieser vorrückenden Richtung zeigt sich aber darin, daß heute gerade das Urmonastiche, das rein Kontemplative (im Karmel und in verwandten Orden) als das höchst-soziale, weil selbstloseste und innerlich aus der Liebe und der Gemeinschaft der Heiligen wirksamste kirchliche Leben verstanden werden konnte (so Theresia von Lisieux), daß also die Nähe zum Kreuz als der Ursprungssituation alles Ordenslebens quer durch alle Kairoí hindurchschneidet, wie ja das Kreuz selbst, gegenwärtig in der täglichen heiligen Messe, allzeitlich über den Zeiten steht. Trotzdem wird man nicht sagen, wie theologische Defätisten es tun, daß der Karmel die Antwort auf den heutigen weltgeschichtlichen Kairós darstellt. Er gehört von jeher zu sehr in die verborgene Innerlichkeit der Kirche und zu ihrer verborgenen Bräutlichkeit, die sich vor der Weltgeschichte verhüllt und ihr Antlitz dem Bräutigam zukehrt. Der weltgeschichtliche Kairós der Kirche von heute liegt eindeutig in dem, was man schlagwortartig die Überwindung der Gegen-Reformation oder des «Katholizismus» genannt hat, hin zu einer der wahren Katholizität der Kirche entsprechenden Totalität: Überwindung also 1. einer (durch die Gegenposition des 16. und 17. Jahrhunderts) überbetonten äußern Verkirchlichung des Christentums (das «Praktizieren» ist das christliche Leben; der profane Alltag wird unterschätzt); 2. einer überbetonten Klerikalisierung der Kirche (die Hierarchie ist die Kirche; der Laie ist Sekundärchrist); 3. somit einer bewußten oder unbewußten Restaurierung der konstantinischen und feudalen Kirchenidee, wie sie vom 16. bis 20. Jahrhundert in immer neuen Ansätzen versucht worden ist. Der Christ der Zukunft wird um keinen Deut weniger treu zur Kirche stehen, die Sakramente seltener empfangen, den Papst und den Klerus in dem, worin sie zuständig sind, weniger achten und ihnen gehorchen. Aber nicht die Urgierung dieser Seiten der Kirchlichkeit kann Antwort auf die drängenden Fragen der weltgeschichtlichen Stunde geben, sondern nur die voll erkannte und übernommene Verantwortlichkeit des Laienchristen innerhalb seiner weltlichen Situation – in der vollen Umkehrung also der konstantinischen Situation: Damals wurde die klerikale Kirche verpolitisiert, und der Laienmönch ging dafür ins «Ghetto» der Wüste; heute wird die klerikale Kirche von der säkularisierten Welt ins Ghetto gedrängt, und der Laie tritt vor und geht in die Wüste der Welt hinaus, um das Christliche in den weltlichen Strukturen zu retten.
Wir hätten auch sagen können, ja sagen müssen: der Laienmönch, oder besser: der Laie im Gelöbnis der totalen Hingabe. Dirks und die hinter ihm Stehenden (Ernst Michel) werden hier widersprechen. Dieser Kairós der Kirche sei kein solcher der Mönche mehr (wobei Mönchtum mit Ordensstand gleichgesetzt wird, und dieser als eine zeitbedingte Sache der Kirchengeschichte betrachtet wird), denn jetzt gehe es nicht mehr um den Verzicht auf die dämonisierten Strukturen, sondern um ihre positive Bändigung und Durchsäuerung. Und ferner sei die Zeit der besonderen spirituellen «Stile» innerhalb einer sichtbar vor der Welt agierenden Kirche vorbei (das waren ja die großen Orden), und die Antwort sei nur noch als eine Antwort der Kirche in ihrer Gesamtheit, also gerade des nichtausgesonderten, des «gewöhnlichen» Laien in der Kirche denkbar und sinnvoll. Ordentum sei selbst, als malerisch gestufte Institution, ein Rest mittelalterlicher Feudalität; Ordensgehorsam (so betont es heute besonders Przywara, aber auch Guardini) sei innerhalb der weltlichen Verantwortung der Laien, jeder in seinem Beruf, schlechthin ein Hindernis der Weltdurchdringung: die «ferngesteuerten Flugzeuge» erregten mit Recht das ernsthafteste Misstrauen des «Feindes». All das scheint uns zu kurz gedacht, so leidenschaftlich es auch um den Sinn des Kairós ringen mag. All das gibt die Synthese dort auf, wo sie menschlich nicht mehr konstruierbar, wo die Konstruktion in Widersprüche zu münden scheint. Aber die Antwort im Kairós wird nicht von unten konstruiert, sondern von oben geschenkt. Wir können daher auch nicht behaupten, sie besser als andere zu konstruieren, wenn wir, sehr leise, in diesen letzten Zeilen etwas wie einen «Raum» freilegen:
1. Es kann, im neuen Kairós, nicht bloß um partielle Antworten auf immer bestehende partielle Nöte gehen (die Schulen, die Kranken, die Armen, die Alten usf.): diese Antworten lassen sich ohne weiteres christlich «konstruieren» und sind jederzeit, wenn auch in sich wandelnden Formen, aktuell. Es geht um die totale Antwort der Kirche auf die besondere Situation der Menschheit von heute: der werdenden «Einen Welt», die sich selber in den Griff bekommt und sich selber in voller Entscheidung ein Antlitz zu prägen hat.
2. Nur die Laien, in der zugreifenden Verantwortung des selber Handanlegenden, durch Selbsterfahrung Kompetenten können hier die Entscheidungen im Sinne Christi fallen lassen – was die klerikalen «Direktiven» von innen oder von oben oder von außen ganz von selbst auf das funktionell richtige Maß bringt. Die primäre Funktion des Klerus wird wiederum zur innerkirchlichen: Sakrament, Gotteswort, Leitung der Gläubigen; die primäre Funktion des Laien ist außerkirchlich, weltverantwortlich.
3. Sosehr in einem klerikalen Orden (wie der Gesellschaft Jesu) die Gehorsamsbindung an den Nachfolger Petri, als Gehorsam einer kirchlichen Einzelstruktur an die oberste Instanz der sichtbaren Kirche die sinngemäße Darstellung des christlichen Gelöbnisses sein konnte, so sicher muß im laikalen Orden von heute, falls der Heilige Geist ihn der Kirche schenken will, das Gelöbnis zum Ausdruck der totalen Haltung der Kirche selbst werden, und das heißt: nicht mehr in ihrer petrinischen und klerikalen, unterscheidenden Funktion, sondern von dort her, woher Petrus selbst seine Vollmacht bezog, obwohl er dort nicht gestanden hat: vom Kreuz, wo aber Maria als die Ecclesia steht und der von ihr nicht trennbare Johannes. Beide sind Uridee des Standes des einen Gelöbnisses, aus welcher alle einzelnen Ordensideen hervorgehen und in die sie auch (und das könnte ein Zeichen unserer eschatologischen Situation sein) zurückmünden müssen. Maria und Johannes gehorchen, sofern sie Glieder der Kirche sind, Petrus (vgl. Joh 20-2I); aber sie sind auch der geheimnisvolle Rest und Überschuß, der «bleibt» und nicht aufgeht, das, was von der unsichtbaren, zentralen Bräutlichkeit der Ecclesia durch die petrinische Sichtbarkeit hindurchschimmert. Deshalb kann man auch nicht sagen, die Ehe stehe, sofern sie Sakrament ist, höher als das Gelöbnis, weil das Einzelsakrament zur petrinischen Funktion gehört, während das Gelöbnis Existenz in und aus der Sakramentalität der Ecclesia selber besagt und insofern übersakramental ist. Die Entdeckung der marianischen (und damit verborgen auch johanneischen) Dimension der Kirche heute ist für unser Thema von allerhöchster Dringlichkeit: hier und nirgendwo anders muß das neue, laikale, aber ebenso ekklesiale «Fiat» gefunden und theologisch gelebt und gedeutet werden. Über das Wie dieses Gehorsams kann hier nicht gehandelt werden; nur dies ist sicher: daß er nicht weniger radikal, sondern in einem ganz wörtlichen Sinn noch wurzelhafter als der bisherige sein muß, wenn auch von anderer Gestalt.
4. Weil diese laikale Existenz in der Weltverantwortung aus dem Gelöbnis der Ecclesia selbst lebt (die als solche nur Mutter ist, weil sie Jungfrau war – und entsprechend für die andern Gegenstände des Gelöbnisses), darum befinden wir uns hier absolut jenseits der Kategorien von «Weltflucht» und «Weltzuwendung». Kreuz und Gelöbnis ist nicht Weltflucht, sondern Welterlösung. Und marianische Jungfrauschaft ist nicht Unkenntnis der Mutterschaft, nicht Inkompetenz in Sachen der Ehe und Familie. Gilt das grundsätzlich ebensosehr vom Priester, so kann sich der Laie, der im Gelöbnis dieselben weltlichen Strukturen, auf deren Gebrauch er für sich selber verzichtet, für die Gesamtheit verwaltet, doch im besonderen gerade auf diese den beiden Ständen transzendente Ursprungsspitze berufen, aus welcher er lebt. Wer nicht so tief geht, hat theologisch versagt, auch wenn er psychologisch und kirchengeschichtlich noch so viele Argumente vorbringen kann. Daß der neue Ordensstand «diskret» bleiben wird (so wie eben Maria und Johannes «verhüllt» sind), darin hat Dirks vollkommen recht; und die größten Verwirklichungen der modernen Laienorden, wie Opus Dei mit seinen wohl zweitausend Mitgliedern, geben ihm nochmals recht. Und daß auch diese Form des Gelöbnisses außerhalb und in der Kirche (wie bisher) ein Ärgernis bleiben wird, ist absolut selbstverständlich; man braucht sich nur die Geschichte des Werdens von Opus Dei vor Augen zu halten, um dieses normale Faktum, das kein wirklich Gelobender missen möchte, beispielhaft wiederzufinden.
Mit alldem ist nur ein Rahmen gesteckt, eine Richtung gewiesen. Mehr zu sagen ist dort nicht gut, wo es zuerst um das Sein und das Tun, und erst viel später um das Reden geht. Aber für den, der im Geiste die Zeichen der Zeit lesen lernt, können die Evidenzen des Kairós, die sich aus den Tiefen des Selbstbewußtseins der Kirche und aus denen des Weltbewußtseins langsam kristallisieren, bereits eine alles überstrahlende, fast geometrisch nötigende und zum Einsatz aufrufende Klarheit erlangen.
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