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Das Wort verdichtet sich
Durch die griechischen Väter hindurch geht der «ho Logos pachynetai (oder: brachynetai)»: menschwerdend nimmt das – an sich allgegenwärtige, geistige Gotteswort beschränkte, dichte, undurchlässige Gestalt an1; diese für uns ins Dichte und Stumpfe erfolgte drastische Verkörperung müsse vom geistig verstehenden Christen wieder aufgelöst werden in den ursprünglichen Geist. Aber diese einseitige und spiritualistische Version wird christlich ergänzt durch zwei andere Erwägungen: Müßte der Christ nicht beide Bewegungen des Gotteswortes mitvollziehen: die Verdichtung und Konkretisierung durch ein echtes Fleischwerden des Geistigen – und die Vergeistigung des Fleischlichen durch ein tieferes Verständnis des Sinnes der Menschwerdung?2 Und damit so etwas möglich sei, hält insbesondere Gregor von Nyssa den Gedanken bereit, das Fleisch des menschgewordenen Logos sei, einmal auferstanden, von seiner Dichte und Begrenztheit befreit und wie ein Tropfen Wein in das Grenzenlose der Gottheit «gemischt» worden, ohne natürlich seiner Menschheit verlustig zu gehen3.
Sollten diese Gedanken sich nicht erst wirklich aufhellen, wenn man sie mit dem Mysterium der Eucharistie zusammendenkt? Ohne diese hätte die Vorstellung eines aus seiner Weltweite sich zusammenziehenden, auf einen einzelnen Fleischleib sich einschränkenden Logos etwas Erschreckendes: sollten die den Menschen aller Zeiten und Räume zugänglichen Fragmente und Ahnungen der Weltvernunft (logoi spermatikoi) sich wirklich in der Person Jesu so konzentriert und kristallisiert haben, daß sie nur noch hier und sonst nirgends mehr zugänglich wären? Ist dies möglich, wenn Jesus Christus doch umgekehrt die letzte und damit auch universalste und endgültigste Offenbarung der Weisheit und Liebe Gottes des Vaters sein soll? Aber wie bringt man die Einengung auf diese konkrete Leiblichkeit – «wer mein Fleisch nicht ißt und mein Blut nicht trinkt…» – zusammen mit der entscheidenden universalen Ausweitung?
Eine andere patristische Lehre, die sich bis ins Mittelalter durchhält, liefert uns einen Schlüssel für die Lösung: Weil das ewige präexistente Gotteswort Menschengestalt annimmt, ist in diesem Ereignis die gesamte Menschennatur und jeder an ihr Teilhabende konkret betroffen und angesprochen4. «Das Wort wird Fleisch» ist der endgültige Schritt des Dialogs Gottes mit einem begrenzten Volk im Alten Bund: «Fleisch» heißt Mensch (überhaupt), so kann in der Fleischwerdung des Wortes nur die Gesamtmenschheit zum Dialogspartner Gottes werden. Und wenn es schon auf der natürlichen Ebene kein Werden eines neuen Menschen gibt, ohne daß er von andern Menschen empfinge, was zum Menschsein gehört, ohne «Gegenseitigkeit des Bewußtseins», so intensiviert sich dieses anthropologische Grundgesetz im Fall der Menschwerdung des Gotteswortes zu einem universalen Empfang des Eigenen von allen Menschen – und dieses Eigene eines jeden ist jetzt nicht nur seine besondere persönliche Art, Mensch zu sein, sondern vor allem seine defiziente, sündige Art, den Dialog mit Gott zu führen oder nicht zu führen, den Bund Gottes mit den Menschen zu leben oder zu brechen5. In dieser Übernahme des Unsern bei der Menschwerdung vollendet sich erst die wirkliche Gegenseitigkeit des Bundes zwischen Gott und Mensch; auch wenn diese Übernahme unserer Schuld durch den Gottessohn die reinste aller Gnaden ist, wird er sie uns doch als eine von ihm gewährte Gabe und Wohltat anrechnen und zurückzahlen, indem er uns das von uns Erhaltene – im «admirabile commercium» – verwandelt wiederschenken wird6.
Damit wird schon sichtbar, daß die Grundlage dessen, was die Eucharistie sein wird, im Ereignis der Menschwerdung liegt. Wir müssen sie aber noch näherhin aufdecken, indem wir auf die Haltung des Sohnes schauen, der sich vom Vater durch den Heiligen Geist inkarnieren läßt. Der Vater ist es, der im Sohn die Welt als ganze mit sich versöhnen will (2 Kor 5,18), somit eigentlich mit dem, der da Mensch werden soll, etwas vorhat, was weit über das Vermögen eines Menschen hinausgeht. So kann der Sohn bei allem echten Willen, dem Anliegen des Vaters zu entsprechen, sich zuletzt nur noch – über Menschenkraft hinaus – in den väterlichen Willen verfügen lassen7. Wichtiger gleichsam, als daß der Menschgewordene alles Seine an die Mitmenschen dahingibt, ist, daß er sich selbst den ihn dahingehenden, verteilenden, ins Unendliche verstreuenden Händen des Vaters anheim- und übergibt. Erst indem der Vater, als der eucharistische Tischherr, an der Menschheit des Sohnes die wunderbare Brotvermehrung sich vollziehen läßt, wird das Wunder für die gesamte Menschheit endgültig wahr und vollbracht.
Wir sagten: die Selbsthingabe in der Menschwerdung ist Grundlage der Eucharistie, sie ist nicht schon sie selbst. Die Konsequenzen der Aufnahme des Unsern werden erst in der Passion bis zu Ende gezogen: hier erst zeigt: sich, was für Folgen die Aufnahme der universalen Schuld in Jesu Bewußtsein bei der richterlichen Begleichung der Schuld hat, da der richtende Gott diese Schuld im Repräsentanten aller nicht nur wie in einem Als-Ob sieht, sondern durchaus real; hier wird sie ans Licht gebracht, «gebeichtet»8, mit der «Buße» der Gottverlassenheit belegt, und erhält, in der Auferstehung an Ostern, die universale Absolution. Das Zusammendrängen der Schuld in den einen «sündentragenden Leib» («ho Logos pachynetai» vgl. Joh 1,29; 2 Kor 5,14.21; Gal 3,13; Eph 2,14-16) ist gleichzeitig die Ausweitung dieses einen, urbildhaften und «letzten» (vgl. 1 Kor 15,45ff.) Menschen zum universalen; insofern besagt seine Auferweckung sowohl die Umkehrung wie auch die bloße logische Fortführung des in Menschwerdung und Passion Begonnenen: der «Macht hat über alles Fleisch» (Joh 17,2), die Macht, alle in sich aufzunehmen, hat nun Macht, sich entsprechend an alles, was er repräsentiert hat, hinzugeben, in einer Eucharistie, der keine Grenzen gesetzt sind: weder durch Jesu personale Existenz «im Himmel» nach der Auferstehung9, noch durch die Verklärung der gesamten Schöpfung nach der Parusie, denn in Ewigkeit ist der menschgewordene Sohn das eucharistische Medium, durch das hindurch wir am dreieinigen göttlichen Leben teilnehmen werden10. Indem dieses Medium sich uns als ein Concretissimum mitteilt – Jesu blutvolle Leibhaftigkeit –, gibt er sich uns zugleich als unser Allervertrautestes, als Ur-Menschlichkeit, und als unser Ersehntestes, als ein Mensch sein, das nicht mehr einen endlichen Wandschirm vor dem Unendlichen bildet, zu dem wir durchbrechen möchten, sondern das «der Weg», «die Tür» schlechthin ist (Joh 14,6; 10,7), um auch im ersten Aspekt nicht als eine Menschheit, die durch ihr Heiligsein ewig von unserem Sündersein abgeschnitten ist, sondern durch das Getragenhaben unserer Schuld – wir sehen das Mal der Nägel an Händen und Füßen und Seite – den Beweis liefert, daß wir gerade in diesen Wunden geborgen und endgültig zuhause sind.
Nur dies wird man sagen können: die letzte Eucharistie des Sohnes nach der Parusie – also bei der «Hochzeit des Lammes» (Offb 19,7) – wird ein in jeder Beziehung un-endlicher Zeugungs- und Hingabeakt sein, weil erst dann die Braut-Kirche zur endgültigen «Gattin des Lammes» (Offb 21,9) geworden sein wird. Bis dahin bleibt die Eucharistie an das innerzeitliche sakramentale Regime gebunden; nicht weil (wie man oft glaubte) für Jesus eine Distanz zwischen Dasein im Himmel und Vergegenwärtigung auf Erden zu überwinden wäre, sondern weil wir selbst in unserer Zeitlichkeit der «starken Augenblicke», der ereignishaften Zuwendungen bedürfen, die in das Einerlei des Zeitablaufs gleichsam Kerben schlagen, in die wir unsern Fuß beim Gang auf die Ewigkeit zu setzen können. Diese «Ökonomie» übersteigen zu wollen, wäre töricht und Gott gegenüber undankbar: etwa deshalb, weil Christus ohnedies auch als verklärter Mensch allgegenwärtig sei und eine «besondere», eucharistische Gegenwart sich erübrige. Ebensowohl könnte man sagen, daß eine sakramentale Absolution sich erübrige, weil vom Kreuz her Absolution ohnedies allgemein vorhanden sei, oder Taufe, weil die Gnade Christi sich ohnehin für jeden Menschen («transzendental») vergegenwärtige usf.
Man wird zuletzt den trinitarischen Charakter der Eucharistie nie übersehen dürfen. Der Vater ist, wie gesagt, der Gastgeber, und der Sohn ist das von ihm verteilte königliche Mahl. Der Sohn selbst dankt ihm dafür, und wir tun es mit ihm im Dankgebet (eucharistia), das sich im Kanon der Messe ausschließlich an den Vater richtet. Der Geist aber ist, wie immer, der Verwirklichende, Gegenwärtigsetzende. Er ist dabei auch der Einende: wie er die Einheit der Hingabegesinnung von Vater und Sohn bildet und kundtut, so vollbringt er die Einigung zwischen Christus und der Kirche (und uns, sofern wir Glieder der Kirche sind). Und wie er in Gott das Subjektivste (die Liebeseinigung) und das Objektivste (die Bezeugung der Liebe zwischen Vater und Sohn) ist, so ist er auch bei dieser Einigung beides: das Subjektivste, als die in unsere Herzen ausgegossene eucharistische Liebe Gottes, in der wir als Brüder und Glieder des Sohnes «Abba, Vater» rufen, und das Objektivste, da er – wie er einst als die göttliche Regel den Gehorsam des menschgewordenen Sohnes formte –, jetzt die sakramentale, liturgische Ordnung der Institution Kirche formt, um uns in der lebendigen Form das geformte Leben zu vermitteln.
- Vgl. Origenes, Peri Archon I,2, 8: «Der Sohn Gottes, eingegangen in die kurze (brevissima) Gestalt des menschlichen Leibes», macht darin doch «die ungeheure und unsichtbare Größe des Vaters kund». Die Formel selbst stammt von Gregor von Nazianz (Or. in Epiph; PG 38, 313 B). Maximus kommentiert sie in den Ambigua (PG 91, 1285 c-1288 A). Vgl. Kosmische Liturgie, 21961, S. 518-520.↩
- So (nach Evagrius) Maximus, Centur. gnost. 2, 37: «Im tätigen (Christen) verdichtet sich der Logos durch die Tugenden, im beschaulichen subtilisiert er sich durch geistliche Gedanken und wird, was er am Anfang war, Gott-Logos» (PG 90, 1141 CD).↩
- Häufig ist im Antirrh. c. Apolin. von dieser «krasis» die Rede, die nicht Ineinander-Aufgehen heißt, sondern nach stoischem Sprachgebrauch ein Sich-durchdringen zweier Substanzen bei Wahrung ihres Wesens (ed. E. Müller. Leiden 1958). Ähnlich später Scotus Erigena.↩
- Darüber, daß diese Lehre nichts mit «Platonismus» zu tun hat und primär aus biblischer Theologie gerechtfertigt wird, vgl. Reinh. M. Hübner, Die Einheit des Leibes Christi bei Gregor von Nyssa, Untersuchungen zum Ursprung der «physischen» Erlösungslehre. Leiden 1974.↩
- M. Nédoncelle, Le moi du Christ et le moi des hommes à la lumière de la réciprocité des consciences. In: Bouëssé-Latour, Problèmes actuels de christologie. Paris 1965, S. 201-226.↩
- Blondel sagt über Christus: «Das Bewußtsein seiner Menschheit besteht aus der Gesamtheit unserer Bewußtseine… Wenn sein menschliches Bewußtsein nicht aufgesogen wird durch das Licht des Logos, so deshalb, weil alle unsere Formen des Menschseins (nos humanités) dem seinen als Filter dienen; denn, wie wir gewissermaßen durch ihn sind, so ist auch er gewissermaßen durch uns; ist er doch buchstäblich der Menschen-Sohn, und wenn die gesamte Schöpfung ihren Zusammenhalt im Erkennen und liebenden Wollen Christi hat, so hat Christus sein besonderes Sein als ein kontingentes Wesen durch das universale Münden alles Lebens und geschaffenen Seins in ihm» (An Baron von Hügel, 19.2.1903). In: Marlé, Au cœur de la crise moderniste. Paris 1960, S. 135-136.↩
- Dies enthebt uns der Notwendigkeit, Jesus ein Wissen oder eine Voraussicht zuzuschreiben, die das aktiv von ihm zu Leistende überschritten hätte. Wo der Gehorsam die Grundtugend ist, kann Nichtwissen wichtiger sein als Wissen, sofern es eine gründlichere Selbstübergabe ermöglicht.↩
- Zu diesem Aspekt: Adrienne von Speyr, Die Beichte. Einsiedeln 1960.↩
- So daß er um der eucharistischen Präsenz auf Erden willen irgendwie den «Ort» wechseln oder eine «Fernwirkung» ausüben müßte.↩
- K. Rahner, Die ewige Bedeutung der Menschheit Christi für unser Gottesverhältnis. In: Schriften zur Theologie III,1956, S. 47-60.↩

ハンス・ウルス・ フォン・バルタザール
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Saint John Publications年:
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