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Die Würde der Frau
Im Neuen Testament erhält die Frau eine Stellung – relativ gegenüber dem Mann und absolut in ihrer eigentümlichen Würde –, die ihre Rolle im Alten Bund deutlich übersteigt. Diese Promotion der Frau hängt, wie sich zeigen wird, mit der Männlichkeit Jesu Christi zusammen, der sowohl Gott wie Mensch ist. In beiden Hinsichten übersteigt er den Alten Bund, indem er ihn gleichzeitig vollendet.
I
Zunächst erscheint im Alten Bund die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk unter dem Bild der ehelichen Beziehung von Mann und Frau. Eine so enge und unauflösliche Beziehung, daß in ihr nicht die geringste Erlaubnis für Untreue gegeben ist, denn Gottes Liebe ist wegen ihrer Absolutheit «eifersüchtig» (Ex 20,6; 34,14; Dt 4,24; 5,9; 6,15; 32,16.21 usf.). Liebe und Eifersucht werden als gleich endgültig nebeneinander genannt: «Liebe ist stark wie der Tod, Eifersucht unerbittlich wie die Unterwelt» (Hl 8,6). Nun gibt es freilich bei den Propheten die Stellen, in denen die Frau als die untreue, andern Göttern nachlaufende beschrieben wird (Jes 1,21-26; Jer 3,1.6-12; Ez 16 und 23; Hos 1-3; Deut. Jes 50,1), aber diese Rolle spielt die Frau keineswegs in ihrer Eigenschaft als Frau, sondern sofern sie das Bundesvolk als ganzes symbolisiert – und durch den besondern Bund Gottes mit Israel hindurch die ganze Menschheit, sofern sich diese sündigend von Gott abgewendet hat. Daß Gott in der Rolle des Mannes auftritt, zeigt nicht primär auf eine Überlegenheit des Mannes – obschon es zu dessen Rolle gehört, um eine Frau zu freien, sich eine Frau «zu nehmen» (vgl. Hos 1,2) –, sondern auf die schlechthinnige Überlegenheit Gottes seinem erwählten Volk und allgemein seinem Geschöpf gegenüber. Diese spiegelt sich innergeschlechtlich in der befruchtenden Funktion des Mannes als Vorbedingung für die Erweckung der Fruchtbarkeit der Frau. Das berühmte Bild von Gottes ausgesendetem Wort, das als Regen die Erde «begießt und befruchtet», damit sie «sprieße und das eßbare Brot hervorbringe» (Jes 55,10f.), zeigt beides gleichzeitig: daß die Erde potentiell fruchtbar ist, aber des göttlichen Samens bedarf, um es aktuell zu sein.
Ist die Symbolik des Ehebruchs durch die Rückholung der Frau einmal überstiegen, so trübt nichts mehr die vollkommene gegenseitige Liebe zwischen dem göttlichen Gatten und der geschöpflichen Frau: Über die abgeschlossene Episode hinweg wird die ungetrübte Jugendliebe evoziert (Jer 2,2; vgl. Hos 11,4), die tragische Zwischenzeit ist wie niemals gewesen (Jes 50,1f.), «verstößt man denn die Frau seiner Jugend? sagt dein Gott … Einen Augenblick lang hatte ich dir mein Antlitz verhüllt, aber in ewiger Liebe mich deiner erbarmt, sagt Jahwe, dein Erlöser … Die Berge können schwinden, die Flügel wanken, aber meine Liebe zu dir wird nicht schwinden und mein Friedensbund mit dir wird nicht wanken» (Jes 54,6-10). «Wie der Gatte sich an seiner Gattin freut, so wird sich dein Gott an dir freuen» (Jes 62,5). Hier schließt die Idylle des Hohenliedes an, wo der königliche Gatte und das Hirtenmädchen Sulamit ein seliges, sich gegenseitig preisendes und beglückendes Paar bilden, und die eingestreuten Schatten – der nicht eingelassene klopfende und dann für einige Zeit verlorene Liebhaber – kaum eine Trübung im gesamten bilden. Die ausführliche Preisung der erotischen Vorzüge der Braut zeigt, wenn das Gedicht in späterer Zeit ausdrücklich auf das Verhältnis Jahwes zu Israel angewendet wird, daß für Gott die Vorzüge des von ihm erwählten und geschmückten Volkes – und dahinter der vom Schöpfer ausgestatteten Kreatur überhaupt – ein Gegenstand immer neuer Freude, ja geradezu immer neuer Überraschung ist.
Diese Durchsichtigkeit des Eros – der als solcher in vielen Kulturen als ein geschlechtlich gegenseitiger verherrlicht wird – auf die einmalige Agape zwischen Gott und der Kreatur, die von Israel vertreten und versinnbildet wird, ist im Alten Bund etwas Außergewöhnliches, da etwa im erotisch so aufgeladenen Indien oder Persien eine positive Überhöhung des Eros im religiösen Bereich undenkbar ist. Die Erhöhung der Würde der Frau erfolgt in Israel durchaus vom Religiösen her, was sich auch darin zeigt, daß die ethnischen Sitten mit dieser Erhöhung nicht durchaus Schritt halten. Das Volksbewußtsein muß den religiösen Symbolismus noch zu sehr als einen poetischen Ausdruck genommen und daher die Folgerungen für das Verhältnis der Geschlechter nur ungenügend gezogen haben.
II
Dies ändert sich im Neuen Bund, in dem das Wort Gottes als ein männlicher Mensch auftritt, der sich, was Paulus hervorhebt und was den Alten Bund schlechterdings übersteigt, einer Frau, und zwar, was das Menschliche angeht, ihr allein verdankt (Gal 4,4; 1 Kor 11,12). Und durch den fruchtbaren, vollkommenen Glauben dieser Frau hindurch verdankt er sich aller Glaubensfruchtbarkeit auf Erden, die in der Apokalypse symbolisiert wird durch das Sonnenweib, das in Wehen liegt und das Messiaskind zur Welt bringt (Apk 12,1 bis 6). Im Unterschied zum alttestamentlichen Bild, wonach das Wort Gottes als befruchtender Regen vom Himmel fällt und damit die Erde erst fruchtbar macht, findet hier das ankommende Wort bereits ein fruchtbares Erdreich vor – als Inbegriff des ihm eingesämten Glaubens – und kann deshalb ebenso aus der Erde, «von unten» hervorgehen, wie es aus dem Himmel, «von oben» hervorgegangen ist.
Obschon es hier um eine echte geschlechtliche Funktion geht – Maria ist leibliche Mutter ihres Sohnes –, stammt doch die Initiative dieser Fruchtbarkeit nicht von ihr, sondern vom Wort Gottes, das in ihr Mensch und Mann werden will. Die Fruchtbarkeit Marias, die den vollkommenen Glaubens- und Bereitschaftsakt leistet, weiß sich antwortend und werkzeuglich («Magd») zur Fruchtbarkeit Gottes, der in die menschliche und männliche Leiblichkeit drängt, und dieses Eindringen-Wollen ist – weil Gott in allem den Primat hat – zugleich die Bedingung der Möglichkeit eines so vollkommenen geistig-leiblichen Empfangs in der Frau. Wir können und müssen hier vorwegnehmend sagen, weshalb das Kind «männlich» ist (Apk 12,5): Es wird in der Welt den aus sich selbst als einzigem zeugenden göttlichen Schoß repräsentieren.
Von dieser Einsicht aus erschließt sich das letzte Geheimnis der menschlichen Männlichkeit dieses Kindes: Wie die leibliche Fruchtbarkeit der Messiasmutter ganz an ihrer geistigen und übernatürlichen Glaubensfruchtbarkeit hängt (prius concepit mente quam ventre: Augustinus), so wird die leibliche Fruchtbarkeit des Sohnes keine partielle, beschränkte, geschlechtliche sein, sondern eine gesamt-leibliche, der Gesamt-Weiblichkeit der (alt- und neutestamentlichen) Glaubensgemeinde zugestaltete, die von der leiblichen Mutter als deren Real-Symbol vertreten wird. Maria ist schon als leiblich-empfangende potentiell Inbegriff der Kirche; sie wird es aktuell am Kreuz, wo der Sohn ihr den neuen Sohn übergibt und wo er zugleich seine ganze Leiblichkeit als Eucharistie in den dadurch von ihm gestalteten Leib der Kirche hinein spendet. Dieser leibliche Vorgang ist nur die letzte Aktualisierung einer schon mit der Menschwerdung begonnenen potentiellen Eucharistie.
Damit vollendet sich sowohl von der weiblichen wie von der männlichen Seite die abschließende (positive!) Überhöhung der gegenseitigen männlichweiblichen Geschlechtlichkeit, in der immer beide Seiten zugleich gesehen werden müssen: daß im rein geschlechtlichen Sinn «in Christus weder Mann noch Frau mehr ist» (Gal 3,28), aber daß das Geschlechtliche im gleichen Christus und in seiner Kirche zu seiner übernatürlichen Sinnhöhe gelangt (Eph 5,21-33). Von der Selbstlosigkeit des sich hingebenden Christus her wird eine solche Gegenseitigkeit des Männlichen und Weiblichen erreicht, die der Hingegebenheit der Frau an den Mann jeden Zug von Unterlegenheit wegnimmt, denn die Hingabe des sich für die Kirche bis ans Kreuz erniedrigenden Christus hat zum Ziel, sich eine strahlende, makellose Kirche zu bilden, die – geradezu! – die Würde seines eigenen Leibes hat: selbstloseste Form der Selbstbegegnung in der Liebe.
Man kann das von Paulus angeführte Bild der paradiesischen Entstehung der Frau aus der Seite des Mannes durchaus in dieser Perspektive lesen, denn es weist bereits hinüber auf das, was wir im 3. Teil zu betrachten haben werden: das Entspringen Evas aus Adam wäre das weltliche Gegenbild zum Entspringen des ewigen Sohnes aus dem ewigen Vater; die nichtaufhebbare Ursprungsbeziehung in Gott ist verbunden mit einer Homo-ousie der Wesenheit, die jede seinshafte Unterordnung des Sohnes unter den Vater ausschließt, auch wenn sie die Hinordnung des Entsprungenen auf seinen Ursprung einschließt.
Freilich ist dieses Moment in Eph 5 nur teilweise sichtbar, da die Überlegenheit Christi als des «Hauptes» und «Erlösers des Leibes», der sich durch seine Hingabe seinen weiblich-kirchlichen Leib allererst «herstellt», die ganzen Ausführungen beherrscht, somit dem Mann (von Adam wie von Christus her) einen Vorrang vor der Frau beläßt, der sich freilich nur noch in der Nachfolge Christi und seiner restlosen Hingabe an die Kirche rechtfertigt. Dieses Moment, das auf der Gottheit des seinen Leib Erlösenden beruht, weist zurück auf das im 1. Teil Ausgeführte: Mann-Frau als weltliche Abbildung des Gott-Geschöpf-Verhältnisses. Der Primat des Zeugenden und Erschaffenden vor dem empfangenden und fruchtbar austragenden Schoß ist unaufhebbar, die Weiblichkeit aller Kreatur (ob sie männlich oder weiblich ist) gehört zu ihrem Wesen. Aber nochmals: dieses erste, nicht aufhebbare Verhältnis von Schöpfer und Geschöpf enthüllt sein wahres Gesicht doch erst in der Menschwerdungs- und Erlösungsordnung, wo sich nicht mehr ein von oben herrschender Gott und eine unten beherrschte Kreatur gegenüberstehen, sondern das Eigentümliche der Stellung des Geschöpfs sich aus der zu ihr – ja unter sie! – absteigenden Bewegung des erlösenden Schöpfers ergibt. Die Würde der (zur «Teilnahme an der göttlichen Natur» erhobenen) Kreatur ist begründet auf der kenotischen Selbsthingabe Christi, der sie «durch das Wasserbad im Wort» (das schließlich das Kreuz ist) zur Hoheit seines eigenen Leibes und damit zur «Heiligkeit und Makellosigkeit» gestaltet.
Man wird vielleicht einwenden, daß in diesem zweiten Aspekt – auch der Verwendung des Paradiesesbildes, wonach Adam-Christus in Eva-Kirche «sein eigenes Fleisch liebt» – noch immer eine zeitbedingte Unterlegenheit der Frau unter dem Mann durchschimmert, die sich in der zweifachen Erwähnung der «in allem» erfolgensollenden «Unterwürfigkeit» und «Ehrfurcht» der Frau gegenüber dem Mann ausdrückt. Und dieses im Geschlechterverhältnis «zeitbedingte» Moment wäre von Paulus um so mehr festgenagelt, als es im Verhältnis Christus-Kirche seine letzte Begründung findet, ein Verhältnis, in welchem die Kirche nie daran denken kann, sich ihrem Haupt und Erlöser an Würde gleichzustellen.
III
Somit ist ein nochmaliger Überstieg über die von Paulus aufgestellte Parallele unerläßlich, nicht um sie zu entwerten, denn sie behält für das Verhältnis Christus-Kirche ihren vollen Wert, vielmehr um ihren letzten Hintergrund zu enthüllen, von dem her sie ihre theologische Rechtfertigung erhält.
Die Trinitätslehre zeigt uns unwiderleglich, daß es in Gottes dreieiniger Lebendigkeit eine doppelte Form der liebenden Hingabe gibt: eine rein-aktiv schenkende und eine passiv-aktiv empfangende und antwortende, beide Formen gleichewig und sich gegenseitig voraussetzend. Der Vater als der selbst ursprungslose Ursprung bringt in seiner totalen Selbsthingabe den Sohn hervor, der sich demzufolge ewig passiv empfängt, aber sich ebenso ewig aktiv seinem Ursprung verdankt und zurückgibt, so daß die Seligkeit des sich schenkenden Vaters ebenso ewig und unvordenklich im («passiven») Rückempfang des sich verdankenden (eucharistischen) Sohnes liegt wie in seiner eigenen ewigen Selbsthingabe. Der Hervorgang des Geistes aus Vater und Sohn (nach der westlichen Theologie) würde sich dann aus einer gemeinsamen Aktivität beider ergeben, in der sich bereits auf verschiedene Art beide Aspekte der Liebe vermählen, so daß die Selbsthingabe des Geistes an Vater und Sohn in keiner Weise bloße Passivität wäre (wie zuweilen in trinitätstheologischen Traktaten insinuiert wird, da der Geist keine weitere göttliche Person hervorbringt), sondern eine Form der Selbstverdankung, in der die Totalität der aktiv-passiven Liebe ihre Wirgestalt gewinnt und ihren wesenhaften Austausch, ihre Form als die reine Gabe darstellt.
Verharren wir einen Augenblick beim Sohn, der ja als der schlechthin «Gezeugte» das Urbild dessen enthält, was in der Zeit das «Geschaffene» sein wird, so erschien in ihm völlig untrennbar sowohl der («passive») Selbstempfang wie die («zustimmend-aktive») Selbstverdankung, somit das Archetypische sowohl (und primär) des «Weiblichen» wie (davon untrennbar, aber ontologisch nachfolgend) des «Männlichen». Und beides in einer Verbundenheit, die jede Übermacht in ihm des einen Geschlechts über das andere verunmöglicht. Hier, im archetypisch Göttlichen des Sohnes, kann der Frau sogar ein gewisser Vorrang eingeräumt werden. «Der Sohn», sagt Basilius (hom. de fide 15, zit. von Thomas, de pot q 2 a 5 ad 6), «hat das Empfangen gemeinsam mit aller Kreatur.» Man wird also besser daran tun, nicht im Heiligen Geist ein «weibliches» Element in Gott finden zu wollen, etwa als dem Schoß, in welchem der Sohn gezeugt wird. Nicht das Pneuma ist der «Ort der Ideen», sondern der Logos.
Aber dieser ist, wie gesagt, dem Vater gleichewig, so daß es im ewigen trinitarischen Prozeß keinen Augenblick gibt, in welchem der Sohn sich vom Vater her empfinge, ohne sich auch schon zum Vater hin zu verdanken. In Gott gibt es demnach keine Entsprechung zu jenem Zug der Paradiesesgeschichte, in welcher Adam zunächst allein ins Dasein gesetzt wird, um nachträglich (weil es «nicht gut» ist, «daß der Mensch allein sei») die Eva aus sich zu entlassen. Die Archetypen der beiden Geschlechter sind im Sohn gleichewig und gleichwürdig, immer vorausgesetzt, daß der Sohn in der Ordnung der Hervorgänge dem ursprungslosen Vater die erste Stelle läßt. Denn die gleichewige Zustimmung von Sohn und Geist zum ewigen Zeugungsakt des Vaters kann nicht als die Bedingung der Möglichkeit dieses Aktes gelten, so wie die Existenz des fraulichen Schoßes die Bedingung der Möglichkeit für männliches Zeugen ist. Dies anzunehmen würde – unter dem Vorwand, die gleiche Würde der Personen zu wahren – die unumkehrbare innergöttliche Ordnung der Hervorgänge (bzw. das Spezifische jeder Hypostase) in Frage stellen.
Nur innerhalb dieser Ordnung kann auch der Vater als der von Sohn und Geist Empfangende betrachtet werden, und dies eigentlich deshalb, weil er in seiner unermeßlichen Zeugungskraft dem Sohn und dem Geist mit der ganzen Gottheit zusammen auch die Möglichkeit gibt, sich selbst (passiv) zu empfangen und (aktiv) zu verdanken. Insofern haben sich beide im Sohn geschaffenen Geschlechter in ihm und durch ihn hindurch zuletzt dem Vater zu verdanken, der die Urmöglichkeiten des Männlichen wie des Weiblichen aus sich entläßt, aber immer als der ohne fremden Schoß Zeugende, so daß er keinesfalls ebensogut als «ewige Mutter» angesprochen werden könnte. Und wenn aus ihm als der letzten Quelle beide Geschlechter gleichwürdig hervorgehen, bleibt dennoch der Sohn das Urbild für beide. (Daß im Alten Bund Jahwe zuweilen weibliche Merkmale zu tragen scheint – «rachamim» als mütterlicher Schoß u. dgl. –, sollte daran erinnern, daß Jahwe nicht einseitig den neutestamentlichen Vater, sondern das noch undifferenzierte Bild des ganzen trinitarischen Gottes ist. Dasselbe ist zu den weiblichen Namen des Geistes wie «ruach», «kochmah» zu bemerken.)
Weshalb aber tritt dann der Sohn menschwerdend als ein Mann hervor? Eindeutig deshalb, weil er innerhalb der Schöpfung als der Gesandte des Vaters dessen ursprüngliche Autorität vertritt. Der Schöpfung und der Kirche gegenüber ist er keinesfalls primär der Empfangende, sondern der Hervorbringende, auch wenn er gleichzeitig sich selber aus der Kirche und der Schöpfung im ganzen zurückgewinnen will und muß, um seinen Weltauftrag voll zu erfüllen, analog dazu, wie der Vater durch die eucharistische Selbstverdankung des Sohnes ihm gegenüber seiner vollendet fruchtbaren Väterlichkeit inne wird.
Vom Trinitarischen her – vom Primat des Vaters über alles und vom Primat des Sohnes über die Kirche und die Schöpfung – und nicht von der göttlichen oder geschaffenen «Natur» her läßt sich deshalb ein abbildlicher Primat des Mannes verständlich machen, wie er von der Genesis und von Paulus betont wird («das Haupt jedes Menschen ist Christus, das Haupt der Frau ist der Mann, und das Haupt Christi ist Gott [der Vater]», 1 Kor 11,3). Diese Ordnung von oben – aus der ökonomischen und dahinter der immanenten Trinität – begründet auch die Zuordnung der Repräsentation Christi an das männliche Amtspriestertum. Um dieses wirklich zu verstehen, muß man so weit in das göttliche Geheimnis zurückgehen, als wir es zu tun versucht haben.1
Aber im gleichen Rückgang ins Geheimnis wird trotz dieser Repräsentation die Gleichwürdigkeit der Frau in der Schöpfungs- und Kirchenordnung offenbar. Die scheinbare «Herrschaft» Christi über die Kirche ist ganz und gar Dienst, und zwar nicht zu seiner eigenen Vollendung hin, sondern damit das vollendete Reich dem Vater zu Füßen gelegt werde. Die scheinbare «Herrschaft» des Amtspriestertums ist ebenso klar reiner Dienst an der Vollendung der weiblichen «Braut des Lammes», wobei zwar die Namen der Diener an den «Außenmauern des himmlischen Jerusalem verzeichnet bleiben» (Apk 21,14), dieses aber selber die ewige Sulamit ist, die vom ewigen Salomo geliebt und bewohnt wird.
- Man kann also nicht (wie Peelman in «Concilium» insinuiert) das Frauenpriestertum aus meiner Theologie ableiten.↩

Hans Urs von Balthasar
Original title
Die Würde der Frau
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Language:
German
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GermanPublisher:
Saint John PublicationsYear:
2025Type:
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