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Origenes. Geist und Feuer
Präsentation
Beschreibung
Während seiner patristischen Studien in Lyon/Fourvière studierte Hans Urs von Balthasar die Theologie des Origenes, dem 1938 «Ein Aufbau aus seinen Schriften» unter dem Titel «Geist und Feuer» folgte (Otto Müller Verlag), den er mit einer einführenden Einleitung in die Welt des Kirchenvaters versah.
«Origenes und seine Bedeutung für die Geschichte des christlichen Denkens zu überschätzen, ist kaum möglich. Ihn an die Seite von Augustinus und Thomas stellen, heißt, ihm den Platz einräumen, der ihm in dieser Geschichte zukommt. Jedem, der sich länger mit Väterforschung befasst hat, wird es ergehen, wie es dem Bergsteiger geht: Langsam und stetig sinken um ihn her die Gipfel, die noch eben drohend schienen, und hinter ihnen taucht die bislang versteckte, beherrschende Mitte des Massivs königlich empor.
Da ist zunächst Origenes’ Einsicht in das Wesen der Schrift als dem großen Sakrament der realen Gegenwart des göttlichen WORTES in der Welt. Nur wer versteht, was für Origenes diese Gegenwart besagte, wird auch einen Zugang zu dem finden, was heute oft so unvergleichlich seicht und oberflächlich als ‹Allegorisieren› abgetan wird. Aber wenn ihm dies alles nur Mittel war, wenn er das nur wie einen Leib abtastete nach dem inwendig schlagenden Herzen des göttlichen WORTES, das Sich in diesem ‹Leib der Niedrigkeit› aus Buchstaben und Buchrollen inkarnierte, so musste man endlich einsehen lernen, dass dies etwas anderes ist, als ein müßiges, heute längst überwundenes Spiel.
Neben der Schriftmystik steht eine zweite, nicht minder von allen Heutigen missverstandene, ja von den einstigen Schülern nur äußerlich weitergesprochene, nicht mehr im Innersten erlebte und begriffene Lehre, die darum auch bald dem Verwelken anheimfiel: die Wahrheit von der geistlichen Kommunion des WORTES. Splitter davon hat Ferdinand Ebner in ‹Wort und Liebe› aufgegriffen. Bei Origenes aber gründet das Ganze im allertiefsten Wissen um ein absolutes Sein, das WORT ist und zugleich substantielle Nahrung des geschaffenen, bedürftigen Geistes.
Ein letzter Gedanke aus dem Kreise der Wortmystik, und der innerste: die Passion des WORTES. Es ist die Einsicht, dass der Lanzenstich von Golgatha nur das sakramentale Gleichnis eines andern Speeres war, der geistig das WORT traf und es zum Ausfließen brachte. Die Ahnung, dass alles in der Welt vergossene Gotteswort dieser Lanze verdankt wird. In diesen Winkel des Origenismus ist kein Schüler gekrochen. Darum sind später ähnlich blitzhafte Einsichten in das Geheimnis der Kenosis, der Selbstentleerung Gottes, selten. Auch bei Origenes tauchen sie ja nur kurz auf und das nur gegen den Strich und die Richtung des Gedankenstroms: Dass Entleerung Weisheit sei, Abstieg Weisheit, Vergeblichkeit Weisheit, Schwäche und Ohnmacht Weisheit, - aber ausgeleerte, vergossene, gekreuzigte Weisheit, das musste in seltenen Augenblicken diesem höchsten Liebhaber der Weisheit aufdämmern.
Durch diese paar angedeuteten Gedanken, die das Heiligtum des origenistischen Denkens umstehn und behüten, schauen wir zuletzt ahnend hinein in das mittelste Geheimnis dieser Seele. «Geist und Feuer» nannten wir dies Buch, denn beides, Geist als Feuer, Feuer als Geist, lodert allein noch in dieser Mitte: ‹Flamme bin ich sicherlich›! Es ist ein Feuer, das zugleich Liebe und Weisheit ist, zugleich reine Glut und reines Licht, in derselben Doppelheit, in der diese Seele ihren Gott erlebte: Als das ‹verzehrende Feuer› und als ‹das Licht, in dem keine Finsternis ist›.
Die Aufteilung des origenistischen Denkguts in drei Schichten verrät nun schon die zweite Absicht dieser Auswahl. Indem sie die geistige Gestalt des Alexandriners ohne Gewand und Zutat zu umreißen sucht, möchte sie gleichzeitig seine theologiegeschichtliche Bedeutung zur Evidenz bringen.»
Aus dem Vorwort
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