Sein theologisches Triptychon beschließt Hans Urs von Balthasar nach der «Herrlichkeit» und der «Theodramatik» mit der «Theo-Logik», das heißt: mit einer Reflexion darüber, wie das dramatische Geschehen Gottes mit der Welt so in menschliche Worte und Begriffe gebracht werden kann, dass Theologie im Dienste des Verstehens, Verkündens und Betrachtens steht. – «Es ist somit die nachträgliche methodische Reflexion auf das, was im ersten (Herrlichkeit) und zweiten Teil (Theodramatik) getan worden ist und was darum gelingen kann, weil Gott ja wesentlich und endgültig sein Wort in die Zeit hineingesprochen hat, und Logik gewiss etwas mit dem Logos zu tun hat.» (vgl. Zu seinem Werk, 84)
Die Studie «Wahrheit der Welt» hat Hans Urs von Balthasar als eigenständige philosophische Schrift bereits 1947 publiziert. Jahrzehnte später integrierte er dieses Werk unverändert als ersten Teil der Theologik in seine großangelegte Trilogie, versah sie aber mit einem neuen, umfangreichen Vorwort. «Wahrheit der Welt» hat zum Inhalt, den philosophischen Zugang zum spezifisch christlichen Wahrheitsverständnis zu erschließen. Gott in Christus in der Kirche als die Wahrheit muss das Thema des zweiten Bandes werden. Vorerst ging es darum, darzustellen die Einheit des Theoretischen, Ethischen und Ästhetischen, der Natur- und Personseite, der Wahrheit als Unverborgenheit (das Griechische) und als Zuverlässigkeit und Treue (das Hebräische), der Wahrheitshaltung als Gerechtigkeit und als Liebe, als Öffnung des Subjekts für das Objekt, Einheit von naturhaftem Offenbarsein und freier Selbstoffenbarung des Subjekts, und entsprechend den Geheimnischarakter aller Wahrheit und den Wortcharakter aller Kundgabe des Seins, den Weg von Erscheinung zu Bild und Wort, die Einheit von Enthüllung und Verhüllung in jeder weltlichen Wahrheit. Es sollte sichtbar werden, dass das Sein und das Subjekt in ihrem Erscheinen je reicher und tiefer sind als das, was erscheinen kann, dass die so bedingte Geschichtlichkeit und Perspektivität der Wahrheit und ihr dialogisches Wesen zutiefst ein je schon in Gang befindlicher Dialog zwischen Schöpfer und Geschöpf ist, dass menschliches Suchen immer schon von Geborgensein in Gott und Gefundensein durch Gott umgriffen ist. Natürlich fällt so überall ein indirektes Licht aus der christlichen Offenbarung auf den Gegenstand der Philosophie; aber lebendig war Philosophie im außerchristlichen Raum ja doch immer nur, wo sie zugleich Theologie war; im christlichen Raum kann sie es nur bleiben in einem leidenschaftlichen Gespräch mit der Offenbarungstheologie, ja in der Bereitschaft, sich von der letztern ihre verborgenen theologischen Implikationen aufzeigen zu lassen.
Wir empfehlen:
Jörg Splett: Hans Urs von Balthasar – Wahrheit in Herrlichkeit. In: Jörg Splett, Denken vor Gott. Philosophie als Wahrheits-Liebe. Frankfurt a.M. 1996, 197-220.Jörg Splett: Vorlesungsreihe «Lerngespräch mit großen Zeugen», Teil 12, Wintersemester 2015/16 (zu Hans Urs von Balthasar und über Theologik I)