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Zur Priesterfrage an der Bischofssynode 1971
Hans Urs von Balthasar
Titre original
Zur Priesterfrage an der Bischofssynode 1971
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Fiche technique
Langue :
Allemand
Langue d’origine :
AllemandMaison d’édition :
Saint John PublicationsAnnée :
2024Genre :
Article
Am besten liest man das Ereignis der Bischofssynode, was das Thema Priestertum angeht, vom Resultat her zu dessen Voraussetzungen hin. Nur so kommt einiges Licht in die Frage, was denn eigentlich jene «progressive Minorität» war und wollte, die den Verlauf des Ganzen – wenigstens für uns im Sekretariat Arbeitende – so mühsam und nicht selten abenteuerlich wie ein Fußballspiel gestaltet hat.
Rufen wir die beiden Ergebnisse in Erinnerung. Einmal die Wahl des neuen Synodalrats, bei dem Kardinal Höffner bei weitem die meisten Stimmen erhielt (122), ein klarer Ausdruck des Vertrauens, das die Synode ihm entgegenbrachte. Mit ihm wurden überwiegend Männer erkoren, die in der Aula mehr durch ihre spirituelle Tiefe und Zuverlässigkeit als durch Brillanz aufgefallen waren (keiner aus Frankreich, Kanada, Benelux). Ein französisches Blatt hat, nach hinreichender Expektorierung, richtig bemerkt, die Synode sei gegen «Vedettes» allergisch gewesen, und die französischen Bischöfe wären im allgemeinen durch ihr Auftreten den andern auf die Nerven gefallen1.
Das Rätsel des Konsenses
Sodann die Ergebnisse der Schlußabstimmung, die hier rasch mit dem Inhalt der Kapitel und der Stimmenzahl (Gesamtzahl etwas über 200) ausgeführt werden (man erinnert sich, daß vierzehn von neunzehn Punkten sogleich die Zweidrittelmehrheit gewannen, die übrigen fünf [Nr. 1, 4, 8, 12, 14] nach Einarbeitung der Änderungsvorschläge)2.
1. Einleitung. Sorge der Bischöfe für ihre Priester, Aufzählung der die Priester heute bedrängenden Fragen. Aktualität der zentralen christlichen Botschaft gerade in unserer Zeit: 190.
2. (Lehrhafter Teil) Einmaligkeit des Priestertums Christi, das alle rituellen Priestertümer, jüdische und heidnische überholt und alle Opfer, Leiden, Sünden der Menschheit in sich einfaßt: 138.
3. Herkunft der Kirche als Gemeinschaft wie in ihrer Gliederung (Amt und Gemeinde) von Christus: 148.
4. Begründung des priesterlichen Dienstamtes von Christus durch die Apostel, Endgültigkeit des Amtes in der Kirchenstruktur: 182.
5. Endgültigkeit (Lebenslänglichkeit) des durch Weihesakrament verliehenen priesterlichen «Charakters»: 137.
6. Dienstcharakter des neubundlichen Amtes gegenüber der Kirchengemeinschaft und bleibender Gemeinschaftscharakter des Presbyterats: der Priester sowohl unter sich wie mit dem Bischof, der Bischöfe untereinander in Kommunion mit dem Papst: 167.
7. Wesenhafter Bezug des priesterlichen Dienstamtes zu den Dingen dieser Welt: 151.
8. (Praktische Hinweise) Einheit und Gegenseitigkeit von Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung: 182.
9. Weltliche Tätigkeiten von Priestern sollen unter dem Gesichtspunkt des priesterlichen Auftrags übernommen und ausgeübt werden: 149.
10. Im Politischen soll der Priester klar die evangelischen Grundsätze verkünden, sich aber, weil er Vertreter und Sinnbild der Einheit ist, nicht parteipolitisch betätigen, es sei denn in Ausnahmefällen, wo das Wohl der Kirche es erfordert und der Bischof sein Einverständnis gibt: 143.
11. Lebendiges geistliches Leben ist für den Priester grundlegend; Beziehung zu Gott und zu den Mitmenschen, Gebet und Aktion haben sich gegenseitig zu befruchten und immer mehr zu durchdringen: 136.
12. Für den überlieferten Zölibat der Priester in der westlichen Kirche sprechen auch heute, trotz aller Schwierigkeiten, eine überwiegende Zahl von konvergierenden Gründen: 169.
13. Somit ist das Zölibatsgesetz in der westlichen Kirche «ungebrochen beizubehalten»: 168.
14. a. «Auch nicht in Ausnahmefällen werden verheiratete Männer geweiht, wobei die Rechte des Papstes unangetastet bleiben»: 107.
14. b. (Alternativformel): Nur der Papst kann in Einzelfällen, wenn pastorale Notlage es nahelegt, unter Berücksichtigung des Gesamtwohls der Kirche, die Weihe von älteren bewährten Ehemännern gestatten: 87.
15. Förderung der Gemeinschaftsbande zwischen Bischöfen und Priestern; Rolle des Priesterrats: 148.
16. Förderung der Gemeinschaftsbande der Priester unter sich. Priestergemeinschaften sind zu unterstützen, wenn sie Wohl und Einheit der Kirche fördern; solche, die Spannungen in Klerus und Kirche zu bringen drohen, sind nach Möglichkeit in die Gesamtstruktur der Kirche einzugliedern: 179.
17. Förderung der Beziehungen zwischen Priestern und Laien. Pastoralrat: 170.
18. Wirtschaftliche Fragen: Lohn- und Besitzausgleich. Versicherungen, allmähliche kluge Entflechtung von finanziellen Einnahmen und Sakramentenspendung: 166.
19. (Schluß) Zuversicht für die Zukunft, aber Hinweis auf das Kreuz, das den Dienern Christi verheißen ist: 168.
Wie war ein solches Ergebnis möglich? Was ist in jene «progressive Minorität» gefahren, daß sie den Thesen einfach zugestimmt hat? Und dies nach energischen taktischen Manövern, wie am Schluß die unerwartete Vertagung der Abstimmung von Samstag auf Dienstag, um nochmals Zeit zum Anwerben von Stimmen zu gewinnen? Ein früheres Manöver war der Plan, das bestellte Sekretariat beiseite zu schieben und eine Spezialkommission von Bischöfen einzusetzen, die die Redaktion des Dokuments übernommen hätte; unter der Hand wurden die für diese Kommission vorgesehenen Namen bekannt: es waren die der kleinen freundschaftlich verbundenen Gruppe der soziologischen Richtung. Das Synodenstatut Art. 8 sieht jedoch die Bildung solcher Kommissionen nur vor, wenn ein einzelner Punkt des behandelten Gegenstandes der Abklärung, ein Text der besseren Redaktion bedarf, somit wurde das Gesuch abgewiesen. Der Unmut von L. de Vaucelles in seinem rein negativen Artikel in den «Etudes» ist fehl am Platz3.
Völlig abwegig ist auch der zuweilen geäußerte Gedanke, die Bischöfe hätten so gestimmt, um den Papst nicht zu kränken. Von seiner Existenz und Anwesenheit wurde wenig Kenntnis genommen, die Endfassung des Dokuments erwähnt ihn kaum; zuweilen wurden klare antikuriale Klänge laut, wenn auch das Verhältnis der Bischöfe zum Papst ganz allgemein ein selbstverständlich-herzliches war.
Gab es eine zweite Theologie?
Angesichts des überraschenden Ergebnisses haben sich manche von der ganzen «überalterten» Synode distanziert und ihre Hoffnung auf die kommende, aufgeschlossenere Generation gesetzt, so unter anderem der General der Jesuiten und P. Bernhard Häring. Wird diese kommende Generation eine neue Theologie vertreten? Der ehemals bekannte Mariologe René Laurentin, heute ein Führer der Progressisten, hat in der Tat rundheraus von zwei Theologien geredet, die sich nun am Ausgang der Synode gegenüberstünden. Welche? Offenbar die der Bischöfe, der leider einhelligen «Institution», und die Laurentins und der Seinen. Aber waren diese beiden Theologien auf der Synode selbst vertreten?
Ein klarer Dissens sprach sich bald nach Beginn aus im Kampf um die Methode. Kardinal Höffner hing, den für die Synode herausgegebenen «Richtlinien» (lineamenta) folgend (die ihrerseits sich eng an den Rapport der internationalen Theologenkommission anschlossen und in der Hauptsache den gleichen Verfasser hatten), vom Dogmatischen aus, als dem einzig möglichen Standort, um die (von Kardinal Tarancón vorgelegten) praktischen Fragen anzunähern. Der französisch-kanadischen Gruppe aber brannten die praktisch-pastoralen Schwierigkeiten ihrer Priester auf den Nägeln, deshalb schlug sie vor, «induktiv» vorzugehen und die «alten Thesen», die ja jedermann kenne, im Hintergrund zu lassen. Der Obere der Spiritaner, einer der hellsten Köpfe der Gruppe, hätte gern die ganze christologische Eingangsthese gestrichen, um vom heute in der Kirche wehenden Heiligen Geist auszugehen. Der deutsche Circulus Minor fand einen bemerkenswerten Ausweg: man sollte bei jeder Frage vom «Sitz im Leben», den realen Problemen der Priester ausgehen, und von ihnen her nach der Antwort aus dem Glauben Ausschau halten. Induktion und Deduktion hätten sich derart aufs beste durchflochten. Leider drang das Modell bei der Konfrontation der zehn Zirkel nicht durch; deshalb wurden, um die «Induktiven» zu befriedigen, die aktuellen Fragen in die Einleitung gestellt, auf die zunächst die dogmatischen Sätze folgen, worauf im praktischen Teil die Fragen nach Möglichkeit ihre Beantwortung finden sollten. Nun aber erwies sich die von Kardinal Tarancón persönlich versammelte Arbeitsgruppe (vorab aus einem französischen und einem amerikanischen Synodalen bestehend) von dieser Aufgabe begreiflicherweise überfordert. Die skizzierten Texte wurden – in einer frühen Morgenstunde im Spanischen Kolleg – als ungenügend zusammengestrichen, zum Teil (Priestererziehung) ganz eliminiert und im Zeitgedränge durch nichts ersetzt. Die Verfasser der Fragen dachten vor allem nach soziologischen Modellen, sie hätten auf die Fragen vor allem soziologische Antworten gegeben, deren Akkord mit der kirchlichen Theologie nicht durchgedacht war und fragwürdig geblieben wäre.
Gewiß klang zuweilen auch wirklich etwas von einer latenten, fragmentarischen «zweiten Theologie» auf. Ich mußte mich erst aufklären lassen, weshalb Kardinal Döpfner im deutschen Zirkel seinem Freund Alfrink gegenüber so hartnäckig auf dem Ausdruck «Cölibatsgesetz» beharrte, für dessen unbedingte Vermeidung ich eingetreten war, und der dann auch, trotz einiger Interventionen, stehen blieb. – Oder wenn von französischer Seite der harmlos aussehende Antrag gestellt wurde, man möchte doch statt «sacerdotium ministeriale» lieber, wie der Theologenrapport, von «ministerium sacerdotale» reden, so mußte man sich eben klarmachen, daß der sehr tätige Schriftsteller R. Salaün, einer der Priesterauditoren, von einem der französischen Zirkel als beratendes Mitglied herangezogen, zahlreiche Papiere mit seiner tiefsinnigen, nicht leicht durchschaubaren Kirchentheologie verbreitete, deren Kern war, daß die gesamte Kirche priesterlich sei, dieses Priestertum von verschiedenen Dienstämtern (ministères) partizipiert werde, worunter der Presbyterat jenes allgemeine Priestertum in besonderer Weise «symbolisiere». – Manche hätten am liebsten das ganze «sazerdotale Vokabular» als nicht neutestamentlich eliminiert; dagegen wies J. Medina, der Spezialsekretär, mehrfach auf die Notwendigkeit des sprachlichen Pluralismus hin, und ein Bischof hielt einen ganzen Vortrag, um die Nachteile jeder Vokabel für das katholische Priesteramt darzutun.
Noch ein Symptom für eine «latente zweite Theologie» ließe sich hervorheben. Natürlich war sich jedermann von Anfang an klar über den spezifischen Charakter und die Rolle einer solchen Synode; die abschließende Erinnerung Kardinals Duvals, sie habe nur beratenden Charakter, konnte höchstens ein (von den Journalisten hochgespieltes) Erstaunen bei solchen hervorrufen, die ein Interesse besaßen, diese Tatsache in der Zwischenzeit ein wenig vergessen zu haben. Man wollte eben vor allem die Priester trösten, sie stärken, sie solidarisch anreden, man wünschte ausdrücklich, daß im entstehenden Dokument solche Anreden stünden. Als dann freilich die «progressive Minderheit» sah, daß das Papier zu theologisch klang und die von ihr aufgeworfenen Fragen nicht die gewünschte Antwort erhielten, warb sie mit Vehemenz für die Tilgung der erwähnten direkten Anrede: das Dokument sollte nur zuhanden des Heiligen Vaters adressiert werden (und wenn möglich in dessen Schubladen verschwinden). Die Veröffentlichung dieser stehengebliebenen Formeln schafft einen Präzedenzfall, dessen Folgen nicht leicht abzuschätzen sind.
Ertrag
Alle wußten: in der Tiefe ging es immer um Theologie, notwendig, nicht nur weil die Relatio Höffner den Weg so gebahnt hatte; und im Grunde wollte es niemand anders. Die dröhnenden Schlagworte («audace!»‚ «ouverture!», «recherches ultérieures!») konnten die Frage nicht übertönen, welche Theologie schließlich die geforderte Neuorientierung bestimmen würde. Die überwältigende Mehrzahl der Nichteuropäer ließ sich nicht beirren: alles hing schließlich von Glaubenspositionen ab, diese sollten – weit dringlicher noch als zur Zeit des letzten Konzils – in der allgemeinen Verwirrung neu aufgerichtet werden. Übrigens haben auf dieser Synode die Nichteuropäer wohl zum erstenmal ein klares geistiges Gleichgewicht, wenn nicht Übergewicht Europa gegenüber gezeigt. Sie haben die großen praktischen Probleme – gerade auch Zölibat und Weihe von bewährten Ehemännern – vorgetragen, sie haben sie auch, nach reiflicher Überlegung, zu der Lösung geführt, die ihnen die beste schien.
Die katholische Presse Europas hat großenteils die tollsten Verrenkungen gemacht, um das, was schlicht vorlag, nicht zu sehen oder es umzudeuten und zuletzt, als alles klar war, den Weltepiskopat als endgültig weltfremd, überaltert, passé hinzustellen. Er habe die Zeichen der Zeit und damit das Signet Gottes in der lebendigen Geschichte nicht zu deuten gewußt. Ist er eigentlich noch orthodox (wenn die Orthopraxis darüber entscheidet) oder sind es nicht eher die Journalisten? «Der alte und der neue Glaube»!
Die Synode hat ein paar elementare «alte» Wahrheiten neu eingeschärft, was wohl angesichts zahlreicher Neuerscheinungen, woraus nur H. Küngs «Wozu Priester?» genannt sei, gewiß nicht überflüssig war. Herkunft des katholischen priesterlichen Dienstamts von Christus und der apostolischen Kirche, seine Ausrichtung auf Wortverkündigung, Sakrament und Pastoral, seine Einheitsfunktion in der Kirche, seine Unentbehrlichkeit für die Eucharistiefeier, seine Lebenslänglichkeit (auch wenn das Amt nicht ausgeübt wird), die absolute Notwendigkeit eines geistlichen Lebens, wenn der Priester seiner Amtspflicht genügen soll. Der Zölibat ist in Schrift und Tradition hinreichend verankert, um weiterhin als kirchliche Norm zu gelten.
Die Debatte über den letzten hat wohl keinen Aspekt der Frage unberücksichtigt gelassen: von der tragischen Lage mancher fast priesterloser Gebiete über die veränderte Wertung von Ehe und Geschlechtlichkeit, den Wegfall mancher einstiger Schutzvorrichtungen, bis zur Vereinsamung und den Glaubensschwierigkeiten vieler Priester, ja bis zur Unmöglichkeit, geeignete Haushälterinnen zu finden… Gegen all das und manches andere stand, mit immer wachsender Deutlichkeit, das Gemeinwohl der Kirche. Und es ist die Überzahl der nichteuropäischen Bischöfe, die angesichts ihrer Verantwortung für das Kirchenbild von morgen und übermorgen – man hat ihre Entscheidung «prophetisch» genannt4 – sich über ihre eigenen unmittelbaren Nöte und Bedürfnisse hinweggesetzt und für das Schwerere entschieden hat. Der Abrundung halber sei erwähnt, daß das am sorgfältigsten motivierte, gegen den Zölibat argumentierende Gutachten in der Eingabe der höheren Ordensobern stand, die nicht ohne Einfluß auf die ursprüngliche Fassung der Relatio Tarancón geblieben war, was zum Teil die bekannte unmutsvolle, aber sehr begreifliche Äußerung Kardinal Šepers5‚ als es der Abstimmung entgegenging, veranlaßt hat. Auch den «Realisten» an der Gregoriana müssen die Bischöfe als hoffnungslose Utopisten erschienen sein. Immerhin haben einige ostkirchliche Bischöfe noch realistischere Erfahrungen mit ihrem verheirateten Klerus vorgetragen und (wie manche Orthodoxen) vor einer Preisgabe des Zölibats ernsthaft gewarnt, während asiatische Bischöfe bezeugten, daß ein katholischer verheirateter Priester von Hindus und Buddhisten nur mit verständnisloser Verachtung angesehen würde. Afrikaner sagten mit satirischer Pointe, ihre Priester hätten in ihrem überfordernden Einsatz keinerlei Zeit, sich mit Fragen der Selbstidentifikation oder der Frustration zu befassen, und als Verheiratete könnten sie ihren Pflichten niemals genügen. Lateinamerikaner wußten sehr wohl, daß die berühmten älteren viri probati sich nie dazu verstehen würden, mit ihrer Familie auf abgelegene Stationen zu ziehen, wo sie gerade benötigt werden. Das Beispiel der Protestanten und Anglikaner, die mit Berufungen nicht besser dran sind, wurde mehrfach erwähnt. Über die «lex coelibatus» herrschte denn auch sehr bald Einhelligkeit. Nur die Zusatzformel war schwer festzulegen, da sie weder dem angenommenen Gesetz widersprechen, noch die selbstverständlichen Befugnisse des Heiligen Vaters formulieren, noch den Bischofskonferenzen das Bestimmungsrecht in der Frage zugestehen sollte. Die zur Wahl vorgestellte Formel wurde in letzter Stunde von den römischen «extremen Rechten» als unzureichend gebrandmarkt, die Partei für Heirat der Priester sekundierte, mit dem unfreiwilligen Erfolg, daß die Abänderung der Formel deren Spielraum nur noch verengen konnte. Von den beiden alternativen Formeln hat aber dann die striktere die Mehrheit von 107 Stimmen erhalten, die ein wenig (aber wie wenig!) öffnende 87: man wundert sich, weshalb es bloß zwei Stimmenthaltungen gab.
Die Synode hat also, wohl wissend, was sie tat, den engen Weg eingeschlagen, unter dem Zeichen ihrer ersten, christologischen These. Sie rechnet, was das Priestertum angeht, mit einer Durststrecke, zieht aber wenige gute Priester mit vollem Einsatz einer Großzahl mittelmäßiger mit halbem Einsatz vor. Diakonat und andere kirchliche Dienste sollen konsequenter ausgebaut werden. Fast alle Väter verstanden, daß Soziologie bei allem Nutzen im einzelnen die Antwort auf das, was ein von Christus gerufener, christlichen Dienst in Kirche und Welt versehender Priester ist, nicht geben kann. Sie appellieren an die Großmut der Jungen. Auch die Synode wollte von einem «Sazerdotalismus» konstantinischer Prägung zurück ins Urchristliche; aber während manche Theologen hoffen, dort einem protestantischen Gemeindediener zu begegnen, traf sie auf ihrem Rückweg Den, der die Frage Quo Vadis stellt, und wußte wieder, daß es im Priesterdienst um eine Teilnahme an seinem unnachahmlichen Dienst geht, an Ihm selbst, der Priester und Opfer zugleich ist.
- «Informations Catholiques Internationales», 1. Dezember 1971, S. 15.↩
- Wäre am Schluß nochmals über alle Punkte abgestimmt worden, so hätten zweifellos die meisten, die die erforderte Mehrheit nur knapp erreichten, eine wesentlich höhere Stimmenzahl erhalten.↩
- Dezember 1971, S. 756.↩
- Le Guillou, Le vrai sens du Synode. In: «Le Monde», 13. Nov. 1971, S. 10.↩
- Daß nämlich die Nichtbetroffenen – Orientalen und Ordensobere – bei der Zölibatsfrage nicht mitstimmen sollten.↩
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